Geschichte

Eine Chronik der Jahre 1865 -2015

von

Paul Ernst Rattelmüller 

1865 -1990

und

Wolfgang Götzinger

1990 -2015

Wenn es sich um einen Menschen handelt, so kann man sein Alter, von Ausnahmen abgesehen, sehr leicht feststellen, denn sein Geburtsdatum ist festgehalten in Kirchenbüchern, später dann in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts, als es Standesämter gibt, auch dort. Im Übrigen begleitet ihn ein Leben lang sein Geburts- und Taufschein. Bei der Leutstettener Feuerwehr ist das ein klein wenig anders. Da finden wir nämlich im Gemeindearchiv nichts. Dafür hat sich aber etwas anderes gefunden, nämlich ein kurzer Eintrag im Protokollbuch der Feuerwehr von Starnberg. Es ist ein Buch in Folioformat, darauf ein sehr hübsch geschnittenes Etikett mit der Aufschrift „Feuerwehr Journal – 1862“. Dieses Protokoll- oder Tagebuch ist dann ergänzt „bis 1872“:

In diesem Band finden wir folgenden Eintrag aus dem Jahr 1865: „Donnerstag, den 8ten Dez. begaben sich wieder 50 Mitglieder nach Petersbrunn. Die neuaufgenomenen mußten Exerzieren, die aufnahme war sehr freundlich und besonders überraschte Herrn Vorstand, daß sich 12 Männer und Burschen in den Verein aufnehmen laßen wollten. Herr Vorstand beschloß nun, daß die Mitglieder von Leutstetten einen Zweigverein zu bilden hätten, welcher mit dem Starnberger eng verbunden ist.“ Und diese Verbundenheit mit Starnberg über 150 Jahre hinweg, hat sich all die Zeit gut gehalten. 

Aus diesem eben zitierten Eintrag geht einwandfrei hervor, dass es schon vor dem Jahr 1865 Feuerwehrmänner gegeben hat, die allerdings offiziell der Feuerwehr von Starnberg angeschlossen gewesen sind. So reicht die Geschichte der Leutstettener Wehr noch über das Jahr 1865 zurück. Nachdem die Starnberger zum Kneipen so gern nach Petersbrunn gegangen sind, und weil Petersbrunn, mit Ausnahme des ersten Hauses, von Starnberg her gesehen, zur Gemeinde Leutstetten gehört hat, kann man mit Fug und Recht annehmen, dass auch Leutstettener und Petersbrunner längst Mitglieder der Starnberger Wehr gewesen sind. So reicht zumindest das Vorwort 

zur Geschichte der Leutstettener Feuerwehr bis nahe an das Gründungsjahr der Starnberger, wenn nicht sogar in deren Gründungsjahr 1862.

Dem eben erwähnten Eintrag folgt 18 Tage später ein zweiter: „Dienstag, den 26ten Dez. starb der ehrengeachtete Schriftführer und Metzgermeister Benedikt Floritz, wo selbst sämtliche Mitglieder in voller Rüstung zum Grabe begleiteten, und dem Gottesdienst andächtig beiwohnten, woselbst auch die Feuerwehr Leutstetten und Wolfsratshausen sich betheiligten.“ Dieser Eintrag ist für uns insofern interessant, als aus ihm ersichtlich ist, dass die Leutstettener Feuerwehr bereits 18 Tage nach ihrer Gründung als geschlossene Formation in Rüstung – das heißt wenigstens in Helm und Gurt – zur Trauerparade antritt. Ob sie damals schon in Uniform ausgerückt ist, wissen wir nicht, wahrscheinlich aber ist es nicht. 1865 – 2015, hundertfünfzig Jahre, was ist das für eine lange Zeit. König Ludwig II. ist wie sein Vetter, der spätere König Ludwig III. auch, zwanzig Jahre alt. Vor gut einem Jahr ist er seinem Vater, König Max II., noch nicht 19jährig, auf den Thron gefolgt. Hochgewachsen, bildhübsch, der Schwarm aller jungen Mädchen, so schreitet er zum ersten Mal in der Uniform eines bayerischen Generals, in lichtblauem Waffenrock mit weißer Hose und schwarzen Stulpenstiefeln, den Generalshut in der linken Hand, die brennende Kerze in der rechten, bei der Fronleichnamsprozession hinter dem Allerheiligsten durch die Straßen der königlichen Haupt- und Residenzstadt München. Seit dem September 1862 ist Otto von Bismarck preußischer Ministerpräsident. 1864 kommt es zum Krieg, den Österreicher und Preußen gemeinsam gegen Dänemark führen, der im Sturm auf die Düppeler Schanzen seinen Höhepunkt und der im Herbst des gleichen Jahres seinen Abschluss im Frieden von Wien findet. Im Jahre 1865 ist es endlich wieder einmal ruhig im alten Europa, und niemand ahnt, dass es das letzte Jahr eines wirklich freien, unabhängigen Königreiches Bayern 

oder, wenn Sie wollen, eines freien Landes Bayern ist. Wohl nur wenige, die sich beständig mit Politik befassen, ahnen, dass ein Unwetter vor der Türe steht. 1866 – Am 15. Juni kommt es zum Krieg mit Preußen. Preußen kämpft mit den kleineren norddeutschen Staaten gegen Österreich, gegen die vier Königreiche Bayern, Hannover, Sachsen und Württemberg und mehrere kleinere Herzog- und Fürstentümer. Dabei fällt die Entscheidung bereits in der Schlacht bei Königsgrätz am 3. Juli. Kurz darauf kommt es noch zum sogenannten Main-Feldzug. Im Gefecht bei Helmstedt wird der junge Prinz Ludwig, der spätere Schloßherr von Leutstetten, verwundet. Es kommt zu einer Reihe von Gefechten an der fränkischen Saale, der Tauber und dem Main, Kämpfe die man mit Anstand verliert. Unter dem lähmenden Eindruck der Niederlage von Königsgrätz riskiert man aber weiter nichts mehr. Die Preußen besetzen Würzburg und Nürnberg und am 2. August tritt der Waffenstillstand in Kraft, der schon sechs Tage vorher beschlossen war. Sicher hat dieser Krieg auch seine Schatten nach Leutstetten und Petersbrunn geworfen, und vielleicht ist auch ein Leutstettener Feuerwehrmann, den man in eine Soldatenuniform gesteckt hat, mit dabei auf dem Marsch nach Unterfranken ins Maingebiet.

1866 – 1874

Der Alltag hat die politischen Sorgen sicher bald vergessen lassen. Das Leben geht auch damals seinen Gang, und der Feuerwehrkommandant und –vorstand, Johann Floritz, ruft sicher auch wieder seine Leute zur Übung zusammen, obwohl man sich bei all dem Gerät, das heute zur Verfügung steht, fragt, was es damals eigentlich zum Üben gegeben hat. Einfache Leitern zum Tragen gibt es, Löscheimer und Einreißhaken, Einreißhaken, die vier Männer mühsam handhaben müssen. Der gewichtigere Teil des Vereinslebens spielt sich aber 

ohne Frage im Wirtshaus ab. Es ist das Jahrhundert der 
Herrengesellschaften, Vereine und Stammtische. Wir können es aus dem Protokollbuch des Starnberger Vereins deutlich sehen und gehen nicht fehl, wenn wir annehmen, dass der Wallfahrtsort der Leutstettener Feuerwehrmänner seinerzeit das Gasthaus in Petersbrunn ist. „Montag 19ter März“ also am Josephitag 1866, versammelt sich die Starnberger Feuerwehr in Schirmmützen, das ist eine Neuheit, und marschiert mit einer Münchner Musik nach Petersbrunn. Dabei beteiligt sich der Kommandant der Wolfratshausener Feuerwehr, und alle werden sie „vom Zweigverein Leitstetten in voller Rüstung empfangen“. Dann liest man zum Beispiel seitenweise:

 „Samstag den 17ten Februar Kneipe mit Ballotage.“ Ein neuer Feuerwehrmann ist aufgenommen worden; und die Ballotage ist die dazugehörige geheime Abstimmung, wobei man mit schwarzen und weißen Kugeln seine Ja- oder Neinstimme abgibt. Und weiter lesen wir: „Samstag 24ten Februar – Kneipe“ – „Samstag den 3ten März – Kneipe“ – „Samstag den 10ten März – Kneipe“ – Samstag Kneipe – Samstag Kneipe – Samstag Kneipe – so geht das fort.

Petersbrunn ist noch in der Spätbiedermeierzeit ein gar nicht unbekanntes Bad, aber das Kneipen der Feuerwehrleute hat deshalb noch lange nichts mit dem Heilbad Petersbrunn zu tun. Dieses Kneipen schreibt man mit einem p, denn von einem Pfarrer Sebastian Kneipp weiß man um diese Zeit in Leutstetten und Petersbrunn noch nichts. Mit „Kneipen“ meint man bechern, trinken. Es ist ein Wort, das im studentischen Verbindungswesen heute noch bekannt ist. Vielleicht haben die Münchner Künstler diesen Begriff nach Petersbrunn getragen. Wir wissen jedenfalls, dass damals die gesamte Münchner Künstlerschaft ins Isartal, an den Starnberger See und eben auch nach Petersbrunn ihre berühmten Maiausflüge macht. Von so einem Ausflug erzählt uns eine köstliche Bleistiftzeichnung von Ludwig Skell. Unter mächtigen Buchen musizieren ein Geiger, ein Bassgeiger und ein Klarinettist, vorne links lagern Künstler um ein großes Fass, im Hintergrund sitzen sie an Tischen und Bänken, tanzen mit Frauen, Bräuten und Töchtern, und in einem kleinen Augenblick sehen wir im Hintergrund Schloß Berg und die Zugspitze. Hierher ist auch Moritz von Schwindt gekommen. Wir wissen es deshalb so genau, weil das Wirtshausschild von Petersbrunn, das jetzt an der Wirtschaft von Leutstetten hängt, durch ihn in die Kunstgeschichte eingegangen ist. Hier hat er es skizziert, um es in seinem berühmten Bild von der Hochzeitsreise zu verwenden. Das Kneipen der Feuerwehrmänner scheint damals schon sprichwörtlich gewesen zu sein, denn Fr. Jakob schreibt 1883 in einer kleinen Schrift „Die freiwillige Feuerwehr ein Ehren-Stand“, Untertitel „Einige Worte zur Aufmunterung insbesondere für Landfeuerwehren“, erschienen in München: „Im Umgang mit den Kameraden ist es Pflicht des freiwilligen Feuerwehrmannes, freundlich, kameradschaftlich und gesellig zu sein, in der Gesellschaft munter und anständig, alle Hänselei und alles „Aufzwicken“ ist desselben unwürdig. Ein anständiges Lied, ehrbare Unterhaltung und eine gute Maß Bier zur rechten Zeit und am rechten Ort sind ja Niemandem verwehrt. Nicht nur bei Bränden und Uebungen, und dem was er da hört, seine ganze Aufmerksamkeit zu schenken, denn er soll ja was lernen, um es dann praktisch anzuwenden. – Daß unterdessen etliche „Karten spielen“, während ein Vortrag gehalten wird, das kann doch nicht geduldet werden. Vorgekommen ist es aber.“ Hier spricht ein erfahrener, auch etwas verärgerter,   engagierter Freund der Feuerwehr. Und wie recht er gehabt haben muss, kann man der Districts-Feuerlösch-Ordnung von 1879 entnehmen.

„§ 46 Das Zechen in den Wirtshäusern eines Ortes, in welchem ein Brand ausgebrochen ist, ist verboten. Zuwiderhandelnde können auf Anordnung des Bürgermeisters aus den Wirtshäusern entfernt werden. Der Aufenthalt im Wirtshaus auf kurze Zeit zur Erholung, Erwärmung oder Stärkung fällt nicht unter dieses Verbot.“

Das geht natürlich nicht nur die Feuerwehrleute an. Das 19. Jahrhundert war halt eine recht gesellige Zeit, in der sich das gesellschaftliche Leben weitgehend im Wirtshaus, gar am Stammtisch abgespielt hat. Das gesellschaftliche Leben der Mannsbilder wohlgemerkt, nicht das der Frauen. Nun hat die Feuerwehr sicher nicht nur den Durst gelöscht, sondern auch Brände, nur wissen wir darüber recht wenig. Einer aber ist uns aus dieser Zeit überliefert. Im Jahre 1868 brennt in Petersbrunn das Wirtschaftsgebäude ab. Die Leutstettener Wehr steht mehr oder weniger macht- und wehrlos mit Ledereimern dem Brand gegenüber. Sie kann zwar nichts mehr retten, aber wenigstens das Übergreifen des Brandes auf andere Gebäude verhindern.

Die Feuerwehr Leutstetten ist gerade fünf Jahre alt, da schreckt das alte Europa ein neuer Krieg auf. Frankreich erklärt, nach kurzem diplomatischem Vorspiel, am 19. Juli 1870 Preußen den Krieg. Durch Verträge gebunden, stellen sich die süddeutschen Staaten, darunter Bayern, sofort an die Seite Preußens, und es kommt zu den ersten Gefechten bei Weißenburg im Elsaß, von dem ein altes bayerisches Soldatenlied erzählt: „… Und Weißenburg das war die Stadt, wo es zum ersten Mal gerappelt hat…“ Namen tauchen auf wie Wörth, Bazeilles, Sedan, der Winterfeldzug an der Loire, der von den bayerischen Soldaten so bittere Opfer fordert, Orleans, von dem es in einem altbayerischen Volkslied heißt: „ … Zu Orleans wohl an der Friedhofsmauer, vom Feinde auf drei Seiten rings umgebn, da standen sie die tapferen Streiter und fochten für den König, Land und Lebn.“ Mancher unserer Feuerwehrmänner mag damals den blitzenden Messinghelm mit dem berühmten schwarz-ledernen bayerischen Raupenhelm vertauscht haben, um mit Gott für König und Vaterland um sein Leben zu marschieren, zu kämpfen, zu schwitzen und zu frieren, sich durch und durch nassregnen und von brütender Augusthitze wieder durchtrocknen zu lassen. Von zweien  wissen wir, dass sie verwundet nach Hause gekommen sind und dass sie die Starnberger Feuerwehr besucht und mit Geschenken bedacht hat.

Am 18. Januar 1871 wird im Spiegelsaal des Schlosses Versailles bei Paris Wilhelm I., König von Preußen, zum Deutschen Kaiser ausgerufen. Und damit ist Bayern mit einem Mal kein wirklich selbständiges Königreich mehr, wenn ihm auch im Gegensatz zu den anderen Bundesstaaten, wohl mehr der Form halber, einige Reservatsrechte bleiben. Der siegreiche Krieg ist zu Ende, die Soldaten kehren, begeistert empfangen, heim, der eine oder andere allerdings wird nie mehr nach Bayern zurückkommen und in Frankreichs Erde bleiben. Die jungen Burschen sind wieder daheim und können im Feuerwehrdienst die alten Männer, die ihn in Kriegszeiten versehen haben, wieder ablösen. Nun wird kein Sedanstag vergehen, der nicht Jahr für Jahr vaterländisch-patriotisch gefeiert wird und bei dem zu Gottesdienst und Kriegerehrung die Feuerwehr, auch in Leutstetten ausrückt.

Von 1874 auf 1875 bekommt die Feuerwehr als eine der ersten im königlichen Bezirksamt Starnberg eine Pumpenmaschine, die die respektable Summe von 1200 Gulden kostet. Sie existiert heute noch und hat bei der 100-Jahrfeier unserer Feuerwehr gezeigt, was sie noch leisten kann. Bis 1938 war sie in Dienst und Einsatz, 27 Jahre ist sie zerlegt auf dem Speicher des Feuerwehrhauses gestanden, ehe sie unsere Feuerwehrmänner heruntergeholt und wieder zusammengesetzt haben. In einer Nacht war die altgediente Pumpe wieder voll einsatzbereit. Sie ist es heute noch, was sie im Laufe der Jahre wiederholt bei Vorführungen bewiesen hat; und man kann nur froh sein, dass sie nicht in die Hände eines Alteisenhändlers gefallen ist. 1982 hat man sie allerdings, als sie anlässlich des Festes der Fahnenweihe frisch bemalt worden ist, durch Aufschrift „1865“ um zehn Jahre älter gemacht. Zwischenzeitlich ist sie jedoch wieder in Ursprungszustand zurück versetzt worden.

Ebenfalls im Jahr 1875 tritt der erste Kommandant und Vorstand, Johann Floritz, nach zehnjähriger Tätigkeit zurück. Neuer Kommandant und Vorstand wird Anton Winter und er wird bis 1907 Vorstand und 35 Jahre lang, bis 1910, Kommandant bleiben.

1875 – 1918

Prinz Ludwig von Bayern kauft 1875 das Schloß Leutstetten, und es wird wieder ein lebendiger Mittelpunkt des Dorfes. Aus dem gleichen Jahr besitzt die Feuerwehr ein Trinkhorn, und zwei Jahre später schafft sich der Verein eine kleine Standarte, einen roten Wimpel, an auf dem weiß die Jahreszahl 1877 leuchtet. Trotzdem muss das Vereinsleben in der damaligen Zeit nicht mehr ganz so feuchtfröhlich gewesen sein, wie ehedem vor dem deutsch-französischen Krieg. Die Leutstettner Bauern beginnen ihre Höfe an den Prinzen zu verkaufen, und sie tun das aus freien Stücken. Es ist eine Zeit, in der die wirtschaftliche Situation der Bauern ernst ist, Nachkriegszeit, wirtschaftliche Not und noch kein Silberstreifen von der Blüte der neunziger Jahre. Bauernhöfe kommen auf die Gant, nicht nur einzelne Höfe verschwinden, ganze Dörfer verschulden, kommen unter den Hammer, werden abgebrochen, und der Grund wird aufgeforstet.

Wir brauchen nur an das Südende des Starnberger Sees zu schauen, nach Pollingsried zum Beispiel, von dem mitten im Wald nur noch die kleine Kirche und ein paar Brunnenschächte übrig sind. Im Jahre 1881 widerfährt den Feuerwehren in Bayern eine Ehre, die sicher auch die Leutstettener Feuerwehrmänner gefreut hat.

Wenn es sich um einen Menschen handelt, so kann man sein Alter, von Ausnahmen abgesehen, sehr leicht feststellen, denn sein Geburtsdatum ist festgehalten in Kirchenbüchern, später dann in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts, als es Standesämter gibt, auch dort. Im Übrigen begleitet ihn ein Leben lang sein Geburts- und Taufschein. Bei der Leutstettener Feuerwehr ist das ein klein wenig anders. Da finden wir nämlich im Gemeindearchiv nichts. Dafür hat sich aber etwas anderes gefunden, nämlich ein kurzer Eintrag im Protokollbuch der Feuerwehr von Starnberg. Es ist ein Buch in Folioformat, darauf ein sehr hübsch geschnittenes Etikett mit der Aufschrift „Feuerwehr Journal – 1862“. Dieses Protokoll- oder Tagebuch ist dann ergänzt „bis 1872“:

In diesem Band finden wir folgenden Eintrag aus dem Jahr 1865: „Donnerstag, den 8ten Dez. begaben sich wieder 50 Mitglieder nach Petersbrunn. Die neuaufgenomenen mußten Exerzieren, die aufnahme war sehr freundlich und besonders überraschte Herrn Vorstand, daß sich 12 Männer und Burschen in den Verein aufnehmen laßen wollten. Herr Vorstand beschloß nun, daß die Mitglieder von Leutstetten einen Zweigverein zu bilden hätten, welcher mit dem Starnberger eng verbunden ist.“ Und diese Verbundenheit mit Starnberg über 150 Jahre hinweg, hat sich all die Zeit gut gehalten. 

Aus diesem eben zitierten Eintrag geht einwandfrei hervor, dass es schon vor dem Jahr 1865 Feuerwehrmänner gegeben hat, die allerdings offiziell der Feuerwehr von Starnberg angeschlossen gewesen sind. So reicht die Geschichte der Leutstettener Wehr noch über das Jahr 1865 zurück. Nachdem die Starnberger zum Kneipen so gern nach Petersbrunn gegangen sind, und weil Petersbrunn, mit Ausnahme des ersten Hauses, von Starnberg her gesehen, zur Gemeinde Leutstetten gehört hat, kann man mit Fug und Recht annehmen, dass auch Leutstettener und Petersbrunner längst Mitglieder der Starnberger Wehr gewesen sind. So reicht zumindest das Vorwort 

zur Geschichte der Leutstettener Feuerwehr bis nahe an das Gründungsjahr der Starnberger, wenn nicht sogar in deren Gründungsjahr 1862.

Dem eben erwähnten Eintrag folgt 18 Tage später ein zweiter: „Dienstag, den 26ten Dez. starb der ehrengeachtete Schriftführer und Metzgermeister Benedikt Floritz, wo selbst sämtliche Mitglieder in voller Rüstung zum Grabe begleiteten, und dem Gottesdienst andächtig beiwohnten, woselbst auch die Feuerwehr Leutstetten und Wolfsratshausen sich betheiligten.“ Dieser Eintrag ist für uns insofern interessant, als aus ihm ersichtlich ist, dass die Leutstettener Feuerwehr bereits 18 Tage nach ihrer Gründung als geschlossene Formation in Rüstung – das heißt wenigstens in Helm und Gurt – zur Trauerparade antritt. Ob sie damals schon in Uniform ausgerückt ist, wissen wir nicht, wahrscheinlich aber ist es nicht. 1865 – 2015, hundertfünfzig Jahre, was ist das für eine lange Zeit. König Ludwig II. ist wie sein Vetter, der spätere König Ludwig III. auch, zwanzig Jahre alt. Vor gut einem Jahr ist er seinem Vater, König Max II., noch nicht 19jährig, auf den Thron gefolgt. Hochgewachsen, bildhübsch, der Schwarm aller jungen Mädchen, so schreitet er zum ersten Mal in der Uniform eines bayerischen Generals, in lichtblauem Waffenrock mit weißer Hose und schwarzen Stulpenstiefeln, den Generalshut in der linken Hand, die brennende Kerze in der rechten, bei der Fronleichnamsprozession hinter dem Allerheiligsten durch die Straßen der königlichen Haupt- und Residenzstadt München. Seit dem September 1862 ist Otto von Bismarck preußischer Ministerpräsident. 1864 kommt es zum Krieg, den Österreicher und Preußen gemeinsam gegen Dänemark führen, der im Sturm auf die Düppeler Schanzen seinen Höhepunkt und der im Herbst des gleichen Jahres seinen Abschluss im Frieden von Wien findet. Im Jahre 1865 ist es endlich wieder einmal ruhig im alten Europa, und niemand ahnt, dass es das letzte Jahr eines wirklich freien, unabhängigen Königreiches Bayern 

oder, wenn Sie wollen, eines freien Landes Bayern ist. Wohl nur wenige, die sich beständig mit Politik befassen, ahnen, dass ein Unwetter vor der Türe steht. 1866 – Am 15. Juni kommt es zum Krieg mit Preußen. Preußen kämpft mit den kleineren norddeutschen Staaten gegen Österreich, gegen die vier Königreiche Bayern, Hannover, Sachsen und Württemberg und mehrere kleinere Herzog- und Fürstentümer. Dabei fällt die Entscheidung bereits in der Schlacht bei Königsgrätz am 3. Juli. Kurz darauf kommt es noch zum sogenannten Main-Feldzug. Im Gefecht bei Helmstedt wird der junge Prinz Ludwig, der spätere Schloßherr von Leutstetten, verwundet. Es kommt zu einer Reihe von Gefechten an der fränkischen Saale, der Tauber und dem Main, Kämpfe die man mit Anstand verliert. Unter dem lähmenden Eindruck der Niederlage von Königsgrätz riskiert man aber weiter nichts mehr. Die Preußen besetzen Würzburg und Nürnberg und am 2. August tritt der Waffenstillstand in Kraft, der schon sechs Tage vorher beschlossen war. Sicher hat dieser Krieg auch seine Schatten nach Leutstetten und Petersbrunn geworfen, und vielleicht ist auch ein Leutstettener Feuerwehrmann, den man in eine Soldatenuniform gesteckt hat, mit dabei auf dem Marsch nach Unterfranken ins Maingebiet.

1866 – 1874

Der Alltag hat die politischen Sorgen sicher bald vergessen lassen. Das Leben geht auch damals seinen Gang, und der Feuerwehrkommandant und –vorstand, Johann Floritz, ruft sicher auch wieder seine Leute zur Übung zusammen, obwohl man sich bei all dem Gerät, das heute zur Verfügung steht, fragt, was es damals eigentlich zum Üben gegeben hat. Einfache Leitern zum Tragen gibt es, Löscheimer und Einreißhaken, Einreißhaken, die vier Männer mühsam handhaben müssen. Der gewichtigere Teil des Vereinslebens spielt sich aber 

ohne Frage im Wirtshaus ab. Es ist das Jahrhundert der 
Herrengesellschaften, Vereine und Stammtische. Wir können es aus dem Protokollbuch des Starnberger Vereins deutlich sehen und gehen nicht fehl, wenn wir annehmen, dass der Wallfahrtsort der Leutstettener Feuerwehrmänner seinerzeit das Gasthaus in Petersbrunn ist. „Montag 19ter März“ also am Josephitag 1866, versammelt sich die Starnberger Feuerwehr in Schirmmützen, das ist eine Neuheit, und marschiert mit einer Münchner Musik nach Petersbrunn. Dabei beteiligt sich der Kommandant der Wolfratshausener Feuerwehr, und alle werden sie „vom Zweigverein Leitstetten in voller Rüstung empfangen“. Dann liest man zum Beispiel seitenweise:

 „Samstag den 17ten Februar Kneipe mit Ballotage.“ Ein neuer Feuerwehrmann ist aufgenommen worden; und die Ballotage ist die dazugehörige geheime Abstimmung, wobei man mit schwarzen und weißen Kugeln seine Ja- oder Neinstimme abgibt. Und weiter lesen wir: „Samstag 24ten Februar – Kneipe“ – „Samstag den 3ten März – Kneipe“ – „Samstag den 10ten März – Kneipe“ – Samstag Kneipe – Samstag Kneipe – Samstag Kneipe – so geht das fort.

Petersbrunn ist noch in der Spätbiedermeierzeit ein gar nicht unbekanntes Bad, aber das Kneipen der Feuerwehrleute hat deshalb noch lange nichts mit dem Heilbad Petersbrunn zu tun. Dieses Kneipen schreibt man mit einem p, denn von einem Pfarrer Sebastian Kneipp weiß man um diese Zeit in Leutstetten und Petersbrunn noch nichts. Mit „Kneipen“ meint man bechern, trinken. Es ist ein Wort, das im studentischen Verbindungswesen heute noch bekannt ist. Vielleicht haben die Münchner Künstler diesen Begriff nach Petersbrunn getragen. Wir wissen jedenfalls, dass damals die gesamte Münchner Künstlerschaft ins Isartal, an den Starnberger See und eben auch nach Petersbrunn ihre berühmten Maiausflüge macht. Von so einem Ausflug erzählt uns eine köstliche Bleistiftzeichnung von Ludwig Skell. Unter mächtigen Buchen musizieren ein Geiger, ein Bassgeiger und ein Klarinettist, vorne links lagern Künstler um ein großes Fass, im Hintergrund sitzen sie an Tischen und Bänken, tanzen mit Frauen, Bräuten und Töchtern, und in einem kleinen Augenblick sehen wir im Hintergrund Schloß Berg und die Zugspitze. Hierher ist auch Moritz von Schwindt gekommen. Wir wissen es deshalb so genau, weil das Wirtshausschild von Petersbrunn, das jetzt an der Wirtschaft von Leutstetten hängt, durch ihn in die Kunstgeschichte eingegangen ist. Hier hat er es skizziert, um es in seinem berühmten Bild von der Hochzeitsreise zu verwenden. Das Kneipen der Feuerwehrmänner scheint damals schon sprichwörtlich gewesen zu sein, denn Fr. Jakob schreibt 1883 in einer kleinen Schrift „Die freiwillige Feuerwehr ein Ehren-Stand“, Untertitel „Einige Worte zur Aufmunterung insbesondere für Landfeuerwehren“, erschienen in München: „Im Umgang mit den Kameraden ist es Pflicht des freiwilligen Feuerwehrmannes, freundlich, kameradschaftlich und gesellig zu sein, in der Gesellschaft munter und anständig, alle Hänselei und alles „Aufzwicken“ ist desselben unwürdig. Ein anständiges Lied, ehrbare Unterhaltung und eine gute Maß Bier zur rechten Zeit und am rechten Ort sind ja Niemandem verwehrt. Nicht nur bei Bränden und Uebungen, und dem was er da hört, seine ganze Aufmerksamkeit zu schenken, denn er soll ja was lernen, um es dann praktisch anzuwenden. – Daß unterdessen etliche „Karten spielen“, während ein Vortrag gehalten wird, das kann doch nicht geduldet werden. Vorgekommen ist es aber.“ Hier spricht ein erfahrener, auch etwas verärgerter,   engagierter Freund der Feuerwehr. Und wie recht er gehabt haben muss, kann man der Districts-Feuerlösch-Ordnung von 1879 entnehmen.

„§ 46 Das Zechen in den Wirtshäusern eines Ortes, in welchem ein Brand ausgebrochen ist, ist verboten. Zuwiderhandelnde können auf Anordnung des Bürgermeisters aus den Wirtshäusern entfernt werden. Der Aufenthalt im Wirtshaus auf kurze Zeit zur Erholung, Erwärmung oder Stärkung fällt nicht unter dieses Verbot.“

Das geht natürlich nicht nur die Feuerwehrleute an. Das 19. Jahrhundert war halt eine recht gesellige Zeit, in der sich das gesellschaftliche Leben weitgehend im Wirtshaus, gar am Stammtisch abgespielt hat. Das gesellschaftliche Leben der Mannsbilder wohlgemerkt, nicht das der Frauen. Nun hat die Feuerwehr sicher nicht nur den Durst gelöscht, sondern auch Brände, nur wissen wir darüber recht wenig. Einer aber ist uns aus dieser Zeit überliefert. Im Jahre 1868 brennt in Petersbrunn das Wirtschaftsgebäude ab. Die Leutstettener Wehr steht mehr oder weniger macht- und wehrlos mit Ledereimern dem Brand gegenüber. Sie kann zwar nichts mehr retten, aber wenigstens das Übergreifen des Brandes auf andere Gebäude verhindern.

Die Feuerwehr Leutstetten ist gerade fünf Jahre alt, da schreckt das alte Europa ein neuer Krieg auf. Frankreich erklärt, nach kurzem diplomatischem Vorspiel, am 19. Juli 1870 Preußen den Krieg. Durch Verträge gebunden, stellen sich die süddeutschen Staaten, darunter Bayern, sofort an die Seite Preußens, und es kommt zu den ersten Gefechten bei Weißenburg im Elsaß, von dem ein altes bayerisches Soldatenlied erzählt: „… Und Weißenburg das war die Stadt, wo es zum ersten Mal gerappelt hat…“ Namen tauchen auf wie Wörth, Bazeilles, Sedan, der Winterfeldzug an der Loire, der von den bayerischen Soldaten so bittere Opfer fordert, Orleans, von dem es in einem altbayerischen Volkslied heißt: „ … Zu Orleans wohl an der Friedhofsmauer, vom Feinde auf drei Seiten rings umgebn, da standen sie die tapferen Streiter und fochten für den König, Land und Lebn.“ Mancher unserer Feuerwehrmänner mag damals den blitzenden Messinghelm mit dem berühmten schwarz-ledernen bayerischen Raupenhelm vertauscht haben, um mit Gott für König und Vaterland um sein Leben zu marschieren, zu kämpfen, zu schwitzen und zu frieren, sich durch und durch nassregnen und von brütender Augusthitze wieder durchtrocknen zu lassen. Von zweien  wissen wir, dass sie verwundet nach Hause gekommen sind und dass sie die Starnberger Feuerwehr besucht und mit Geschenken bedacht hat.

Am 18. Januar 1871 wird im Spiegelsaal des Schlosses Versailles bei Paris Wilhelm I., König von Preußen, zum Deutschen Kaiser ausgerufen. Und damit ist Bayern mit einem Mal kein wirklich selbständiges Königreich mehr, wenn ihm auch im Gegensatz zu den anderen Bundesstaaten, wohl mehr der Form halber, einige Reservatsrechte bleiben. Der siegreiche Krieg ist zu Ende, die Soldaten kehren, begeistert empfangen, heim, der eine oder andere allerdings wird nie mehr nach Bayern zurückkommen und in Frankreichs Erde bleiben. Die jungen Burschen sind wieder daheim und können im Feuerwehrdienst die alten Männer, die ihn in Kriegszeiten versehen haben, wieder ablösen. Nun wird kein Sedanstag vergehen, der nicht Jahr für Jahr vaterländisch-patriotisch gefeiert wird und bei dem zu Gottesdienst und Kriegerehrung die Feuerwehr, auch in Leutstetten ausrückt.

Von 1874 auf 1875 bekommt die Feuerwehr als eine der ersten im königlichen Bezirksamt Starnberg eine Pumpenmaschine, die die respektable Summe von 1200 Gulden kostet. Sie existiert heute noch und hat bei der 100-Jahrfeier unserer Feuerwehr gezeigt, was sie noch leisten kann. Bis 1938 war sie in Dienst und Einsatz, 27 Jahre ist sie zerlegt auf dem Speicher des Feuerwehrhauses gestanden, ehe sie unsere Feuerwehrmänner heruntergeholt und wieder zusammengesetzt haben. In einer Nacht war die altgediente Pumpe wieder voll einsatzbereit. Sie ist es heute noch, was sie im Laufe der Jahre wiederholt bei Vorführungen bewiesen hat; und man kann nur froh sein, dass sie nicht in die Hände eines Alteisenhändlers gefallen ist. 1982 hat man sie allerdings, als sie anlässlich des Festes der Fahnenweihe frisch bemalt worden ist, durch Aufschrift „1865“ um zehn Jahre älter gemacht. Zwischenzeitlich ist sie jedoch wieder in Ursprungszustand zurück versetzt worden.

Ebenfalls im Jahr 1875 tritt der erste Kommandant und Vorstand, Johann Floritz, nach zehnjähriger Tätigkeit zurück. Neuer Kommandant und Vorstand wird Anton Winter und er wird bis 1907 Vorstand und 35 Jahre lang, bis 1910, Kommandant bleiben.

1875 – 1918

Prinz Ludwig von Bayern kauft 1875 das Schloß Leutstetten, und es wird wieder ein lebendiger Mittelpunkt des Dorfes. Aus dem gleichen Jahr besitzt die Feuerwehr ein Trinkhorn, und zwei Jahre später schafft sich der Verein eine kleine Standarte, einen roten Wimpel, an auf dem weiß die Jahreszahl 1877 leuchtet. Trotzdem muss das Vereinsleben in der damaligen Zeit nicht mehr ganz so feuchtfröhlich gewesen sein, wie ehedem vor dem deutsch-französischen Krieg. Die Leutstettner Bauern beginnen ihre Höfe an den Prinzen zu verkaufen, und sie tun das aus freien Stücken. Es ist eine Zeit, in der die wirtschaftliche Situation der Bauern ernst ist, Nachkriegszeit, wirtschaftliche Not und noch kein Silberstreifen von der Blüte der neunziger Jahre. Bauernhöfe kommen auf die Gant, nicht nur einzelne Höfe verschwinden, ganze Dörfer verschulden, kommen unter den Hammer, werden abgebrochen, und der Grund wird aufgeforstet.

Wir brauchen nur an das Südende des Starnberger Sees zu schauen, nach Pollingsried zum Beispiel, von dem mitten im Wald nur noch die kleine Kirche und ein paar Brunnenschächte übrig sind. Im Jahre 1881 widerfährt den Feuerwehren in Bayern eine Ehre, die sicher auch die Leutstettener Feuerwehrmänner gefreut hat.

Standarte der Freiwilligen Feuerwehr Leutstetten aus dem Jahr 1877

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In dem Büchlein „Die freiwillige Feuerwehr ein Ehrenstand“ wird sie mit patriotischer Begeisterung gewürdigt. „Ein Ereigniß von unschätzbarem Werth ist und bleibt für die Feuerwehrsache die Uebernahme des Protektorates über die freiwilligen Feuerwehren des Bayer. Landes-Feuerwehrverbandes durch S.M. unsern allergnädigsten König Ludwig II. von Bayern im Herbste 1881.“ 

Und dann schlägt die Begeisterung hohe Wellen. „Dieser Allerhöchste Kgl. Entschluß hat nicht nur jeden Bayerischen Feuerwehrmann mit warmer Freude erfüllt und patriotisch sein Herz entflammt – seine Kenntnißnahme hat lebhafte Freude überall hervorgerufen, soweit sich das Feuerwehrwesen ausgebreitet hat.“ Wenige Zeilen später wird es noch enthusiastischer. Dieser Königliche Entschluß sei nämlich „die größte Errungenschaft der Neuzeit im Feuerwehrwesen – ja es ist nicht nur das, es ist ein Triumph der guten Sache.“ Alle Brände der Leutstettener Wehr aufzuführen würde hier zwar zu weit führen, aber sie ließen sich auch nicht alle aufzählen, weil es zwar nicht an der Hilfe für den Nächsten gefehlt hat, dafür aber umso mehr am Schreiben, am Protokollschreiben nämlich. Das war halt nicht so wichtig und zudem recht mühsam. Aber ein paar Einsätze seien doch erwähnt. 1896 ist ein Brand beim Pfeifer in Leutstetten. 1897 brennt der große Heustadel am Gasthaus Weber an einem Sonntagabend im Hochsommer nieder. Der Stadel steht damals zur Strasse hinunter. Das Dach ist die Woche vorher frisch geteert worden. Es muss ein mächtiges Feuer gewesen sein. Ein alter Leutstettener Bürger, der Friesenegger Franz, später Ehrenmitglied der Freiwilligen Feuerwehr Leutstetten, hat immer erzählt, dass die Bretterwand und die äußeren, hölzernen Dachschindeln seines Hauses beängstigend gedampft haben, dass die Nachbarn mit ledernen und hölzernen Kübeln voll Wasser zu seinem Haus gelaufen sind und Baron Leonrod, auf der Leiter stehend, die Bretterwand und den angebauten Wagenschuppen abgeduscht und damit ein Übergreifen des Feuers verhindert hat. Es ist heute das Haus neben dem Kriegerdenkmal. Man munkelt damals von Brandstiftung, verdächtigt zunächst den Falschen und erst viel, viel später stellt sich heraus, dass es einen Zeugen gegeben hat, der genau gewusst hat, dass zwei Lumpensammler das Feuer gelegt haben. Der Wirt hat die beiden, obwohl seine Wirtschaft eine Tafernwirtschaft war, immer vor die Tür gesetzt, und der Zeuge hat sich nie getraut, seine Beobachtungen dem Gendarm zu melden. Das kann man nur verstehen, wenn man weiß, wie groß damals die Angst vor herumziehendem Gesindel, vor Lumpensammlern und Zigeunern gewesen ist, dass jeder Angst um Haus und Hof und vor dem roten Hahn gehabt hat. 1898 brennt der Stall von Gut Schwaige. 1900 brennt es in Wangen und im Jahre 1904 brennt es in Wangen gleich viermal. Dabei kann die Leutstettener Feuerwehr mit Stolz von sich sagen, dass sie jedes Mal die erste am Brandplatz ist, schneller sogar als der große Bruder aus Starnberg. Das liegt aber vor allem daran, dass die Leutstettener Wehr keinen so langen Berg bewältigen muss wie die Starnberger. Wie sieht nun ein Feueralarm aus. Bis 1901 wohnt der Mesner neben der Kirche, und ergibt Alarm mit der Kirchenglocke von Sankt Alto. Sturmläuten heißt man das. Wenn der Hornist gerade da ist, so bläst der kräftig Alarm. Dann holt man schleunigst die Pferde aus dem Stall des Gori-Bauern. Der Gori-Bauer war da, wo heute das Eckhaus Altostrasse/Wangener Strasse steht. Dann geht es im schnellen Trab mit dem Spritzenwagen zur Brandstelle, die Feuerwehrmänner, schon mit heraushängender Zunge, ebenfalls im Trab hinterdrein. Galopp hat der Zustand der Straßen unmöglich gemacht. Und das zum Beispiel in einem Jahr viermal nach Wangen. Man hat wie bei allen Feuerwehren dieser Zeit auch in Leutstetten den Feuerreiter gekannt. In der „Districts-Feuerlöschordnung“ heißt es im VII. Abschnitt unter „Feuerreiter- und Fahrdienst“:

„§ 61 Wird durch einen Brand mehr als ein Haus bedroht, so hat der Bürgermeister oder dessen Stellvertreter die Hilfeleistung der Nachbargemeinden (§ 54) mittels Absendung von Feuerreitern beziehungsweise Feuerboten in Anspruch zu nehmen.

§ 62 Die zum Feuerreiterdienst, dann zur Bespannung der Löschmaschinen und Requisitenwagen erforderlichen Personen und Pferde sind, sofern nicht die Gemeinde diese Dienstleistungen vertragsmäßig an bestimmte Personen vergeben hat, von den Pferde- und Fuhrwerksbesitzern nach einem vom Bürgermeister zu regelnden Turnus zu stellen.

§ 63 Wer an der Reihe des Einspannens oder des Feuerreiterdienstes ist, erhält eine kleine Tafel mit der Aufschrift „Spritzendienst“ oder „Requisitenwagenfahrdienst“ oder „Feuer-reiterdienst“. Diese Tafel hat der Verpflichtete in seinem Hausflur zunächst der Eingangstüre in leicht sichtbarer Weise aufzuhängen. – Nach Ablauf der Verpflichtungszeit lässt der Bürgermeister die Tafel abholen und dem nächsten Pflichtigen zustellen. Solange die Tafel nicht abgeholt ist, dauert die Verpflichtung fort.“

In diesem Zusammenhang sei auch der § 58 genannt. „Ist der Brandort mehr als 2 km entfernt, so ist die Mannschaft auf Fuhrwerken zu befördern, zu welchem Zwecke, sofern nicht die Gemeinde diese Dienstleistungen vertragsgemäß an bestimmte Personen vergeben hat, die Fuhrwerks- und Pferdebesitzer des Gemeindebezirkes ihre Wagen und Pferde zur Verfügung zu stellen verpflichtet sind ….  .“

Es wird aber immer wieder geklagt, daß auf diesem Gebiet recht geschlampt wird. Und man möge doch entsprechend daran erinnern, „Besitzer von Brunnen und anderen Wasservorrichtungen, von Quellen, Bächen, Weihern, ferner von Leitern, Kübeln, Zubern und anderen zum Löschen oder Retten dienlichen Geräthen und Materialien haben deren Benützung für Löschzwecke zu gestatten.“ Oder: „Besitzer von Odel- oder größeren Wasserfässern sind verpflichtet, dieselben auf Verlangen der Branddirection mit Wasser gefüllt auf den Brandplatz zu bringen.“ In einem strengen Winter waren die Besitzer von Kesseln angehalten, „ heißes Wasser bereit zu halten.“ Das war vor allem die Aufgabe von Brauereien, so welche am Ort waren. Die haben ja auch die großen Fasswagen gestellt.

Am 22. September des Jahres 1901 ist für die Feuerwehr von Leutstetten wieder einmal ein großes gesellschaftliches Ereignis. Durch die Unterstützung der Bevölkerung ist es dem Verein möglich, sich eine Fahne anzuschaffen. Sie ist erhalten und ihrer Brüchigkeit wegen in einem Schrank des Feuerwehrhauses sorgsam verwahrt. Auf der einen, der weißen Seite des Fahnenblattes ist der heilige Alto zu sehen, von Ranken umgeben, auf der anderen, der rotseidenen Seite, der Messinghelm mit den Emblemen der Feuerwehr. An diesem Septembertag feiert der Verein seine Fahnenweihe, und sie ist ein Zeichen für das Wirtschaftswunder der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts. Die wirtschaftliche Not der Nachkriegszeit ist weitgehend überwunden. Im Archiv des „Land- und Seeboten“ findet sich in der Nummer 116 vom 26. September 1901 ein Bericht über dieses für die Leutstettener so große Fest:

„… Bereits früh morgens verkündeten weithin dröhnende Böllerschüsse den Beginn des Festes und allenthalben trafen in großer Anzahl die Mitglieder der benachbarten Feuerwehren ein und wurden vom Empfangskomitee unter klingendem Spiele durch den festlich geschmückten Ort in das Vereinslokal „Gasthof Weber“ geleitet. Um 10 Uhr erfolgt die Aufstellung; voran schritt die Maisinger Kapelle, welcher die Festjungfrauen mit der verhüllten, zu weihenden Fahne und die Freiwillige Feuerwehr Starnberg als Patenverein folgten. Hieran reihten sich die anwesenden Feuerwehren je nach dem Zeitpunkt ihrer Anmeldung und zwar jene von Gauting (Ort und Fabrik), Buchendorf, Stockdorf, Krailling, Planegg, Percha-Wangen, Schäftlarn, Baier-brunn, Berg, Pöcking, Ober- und Unterbrunn, Söcking, Hanfeld, Unering usw. Den Schluss des Zuges bildete die Feuerwehr Leutstetten mit den Jubilaren.

Leider konnte das kleine Kirchlein die Teilnehmer des Zuges nicht fassen und gruppierte sich eine große Anzahl um dasselbe. Hochw. Herr Pfarrer von Buchendorf zelebrierte eine hl. Messe und nahm die Weihe der Fahne vor. Nach beendigtem Gottesdienste bewegte sich der Festzug, voraus der Jubel-verein mit der neugeweihten, flatternden Fahne, zur Festtribüne in der Nähe des Gasthofes Weber. Dort angelangt, ergriff Hochw. Herr Pfarrer das Wort. Der Redner machte  einen Rückblick auf die Entstehung und historische  Bedeutung des so idyllisch gelegenen Dörfleins Leutstetten, erklärte die Bedeutung der Fahne, welche das Bildnis des hl. Alto, des Kirchenpatrons der hiesigen Gemeinde trägt, und empfahl die Absendung eines Huldigungstelegramms an Se. kgl. Hoh. den Prinzen Ludwig, der bekanntlich seit mehr denn 25 Jahren in seinem hiesigen Schlosse Sommeraufenthalt nimmt. Namens des Vorstandes, Herrn Polzmacher… dankte er allen, welche zur Verherrlichung der Festesfeier beigetragen haben, insbesondere den so zahlreich erschienenen Feuerwehrkameraden. Mit einem Hoch auf den allerhöchsten Protektor des bayer. Feuerwehrwesens, Se. kgl. Hoh. den Prinzregenten Luitpold, schloß seine packende Ansprache. Frl. Helene Schiltl übergab hierauf im Namen der Jungfrauen ein prächtig gesticktes Fahnenband, ebenso widmete der Patenverein ein wertvolles Band. Sodann verteilten die übrigen Festjungfrauen die Erinnerungsbänder an die beteiligten Feuerwehren und unter den Klängen fescher Märsche bewegte sich der Zug durch den reichlich geschmückten Ort in den Weber`schen Gasthof, wo selbst das Mittagsmahl eingenommen wurde. Nachmittags gegen 1 Uhr erschien auch Herr Bezirksfeuerwehrvertreter A. Fischhaber von Starnberg, welcher im Auftrag der kgl. Regierung die Verteilung der von weiland König Ludwig II. gestifteten Ehrenzeichen vorzunehmen hatte. Nach vorausgegangener Übung der hiesigen Feuerwehr, die ziemlich   zufriedenstellend verlief, sammelten sich die Kameraden wiederum vor der Festtribüne und nun händigte Herr Bezirksfeuerwehrvertreter unter kernigen Worten die verliehenen Ehrenzeichen an die    9 Jubilare aus. Hiermit war der offizielle Teil des Festes erledigt.“

Daß die Übung der Freiwilligen Feuerwehr Leutstetten damals „ziemlich zufriedenstellend“ verlaufen ist, mag man leicht beschämt und mit Stirnrunzeln zur Kenntnis nehmen, trotzdem aber sei diese Feststellung um der historischen Wahrheit willen aus dem Bericht nicht schamvoll verschwiegen.  Über all den Feierlichkeiten, dem gesellschaftlichen Teil des Vereinslebens und den wechselseitigen Verpflichtungen, die Feste anderer Wehren zu besuchen, werden die technischen Notwendigkeiten nicht vergessen oder gar vernachlässigt. 1905 wird das neue Feuerwehrhaus gebaut, es ist das gleiche, das heute noch teilweise seinen Zweck erfüllt. Ehedem war der Feuerwehrschuppen im Garten des Schulhauses, das 1875 von Italienern erbaut worden ist. Während des Baues ist die Giebelwand, die sog. Schiassen, eingestürzt. Wo zuletzt die Gemeindekanzlei untergebracht war, ist die Unterkunft der Feuerwehr gewesen. Das alte Schulhaus hat dem Zweckverbands-Wohnhaus neben der Kirche weichen müssen und ist ungefähr an der Stelle gestanden, an der heute der Parkplatz für dieses Haus ist.  Nachdem man nun ein eigenes Feuerhaus hat, tut man sich leichter. Eine ausziehbare Leiter kann untergebracht werden. 1907 wird sie gekauft. Bis Ende der sechziger Jahre ist sie im Feuerhaus gestanden, ehe sie aus Platzgründen veräußert worden ist. An einem heißen Augusttag des Jahres 1907, früh um 11 Uhr, brennt der Samerhof. Feueralarm! Bis vom Torfstich draußen rennen die Feuerwehrleute und alles, was sonst helfen kann, zur Brandstelle. Einer der Augenzeugen hat sich noch daran erinnert, wie die Arbeiter Betten und Hab und Gut zum Fenster hinausgeworfen haben, und wie Ihre Königliche Hoheit, Prinzessin Helmtrud, eine Tochter König Ludwig III., einen Sack Kartoffeln geschleppt hat. Die Feuerwehr steht dem Brand etwas hilflos gegenüber. Erstens kommen die Feuerwehrleute viel zu spät zur Brandstelle, als alles schon lichterloh brennt, die meisten waren ja weit draußen auf den Feldern bei der Arbeit, und zum zweiten kommen sie mit dem neuen Hydranten nicht zurecht. Prinz Ludwig hat 1905 nämlich eine neue Wasserleitung bauen lassen, die die alten hölzernen Leitungsrohre ersetzt hat. Noch einmal stehen die Leutstettener Feuerwehrleute mit Wasseranschluss und Pumpe auf Kriegsfuß, glücklicherweise nur bei einer Übung. Angenommenes Brandobjekt ist der Hof des Goribauern. Die Feuerwehr ist am „Brandort“, der Steiger steht auf der Leiter, das Kommando ertönt: „Pumpen – fertig – marsch!“ und die Feuerwehrmänner pumpen, pumpen und pumpen und pumpen, aber es kommt kein Wasser. Sie pumpen weiter. Wieder nichts. Warum? Der sogenannte Tirolertoni hat den Saugschlauch nicht angeschlossen. Als aber dann die Pumpe endlich funktioniert, spritzt der Steiger, der Tonibauer, mit Namen Georg Huber, nicht das Haus an, denn es brennt ja gar nicht, sondern seine Kameraden an der Pumpe. So hält er es bei späteren Übungen auch, und damit wird er allgemein bekannt. Ohne diesen Missbrauch wäre sein Name wohl vergessen. Bei diesen Übungen bläst übrigens der Hornist immer die Signale und beim Abrücken regelmäßig den Feuerwehrmarsch.

In dem „ABC-Büchlein für Landfeuerwehren“ von Fr. Jakob finden sich Anregungen für den Feuerwehrdienst, die die Feuerlöschordnung ergänzen. Darunter ist ein Abschnitt „Oekonomie“. Jakob beginnt etwas verärgert, es sei doch sonderbar, dass so viele Oekonomen nicht bei der Feuerwehr sind. Gerade Bauernhöfe seien doch besonders gefährdet. „Blitz, Unvorsichtigkeit, oft durch die Dienstboten, durch schlechte  Laternen, Rauchen in Stallungen, das Putzen der Lampen mit den Fingern, wobei der Docht ‚Zachern‘ genannt, auf den Boden geworfen wird usw., sind oft Ursache, daß alle Vorräte an   Futter, Heu und Stroh verbrennen; und daß ein Brandunglück einen Oekonomen gleich recht heimsucht, das ist sicher.“ 

Jakob wirbt: Die Bauern sollten Mitglieder der Feuerwehr werden, sie sollten auf ihrem eigenen Hof alles tun, um für den Fall eines ausbrechenden Feuers gerüstet zu sein. Er empfiehlt, sie sollten Feuermauern aufführen zwischen dem Wohnteil des Hauses und Stall und Tenne. Interessant ist, was er zur Rettung des Viehs schreibt. Oft genug heiße es ja nach einem Brand: nicht alles Vieh sei gerettet worden. „Sich selbst und die Seinen, Geld, Kästen, Betten, sonstiges wie Einrichtung und Vieh das sucht man zu retten. – Aus brennenden Ställen Vieh zu retten, ist oft schwer, weil das Vieh nicht   heraus will. Hierzu ist ein einfaches Mittel, dieses ist bei  Pferden und Ochsen wenigstens anwendbar, man sattelt sie, geschirrt sie ein, bei Kühen, welche ausgetrieben werden, empfehlen sich die Glocke, die man ihnen beim Austreiben sonst anhängt, wenn sie ihnen sonst umgethan werden, die anderen Kühe laufen dann von selbst nach! – Jungvieh geht leichter heraus zu bringen; wenn aber Vieh, gleichviel       welches, gerettet ist, so bringe man es unter in Gebäuden usw. und bei Aufsicht, denn alles Vieh läuft sonst wieder in die vermeintliche Stallung zurück und verbrennt dann, ein Fall, der schon oft vorkam, der Verfasser sah sogar, daß die     Hennen, diesem Drang folgend immer wieder in ihre          abgebrannte Behausung fliegen wollten. – Also ‚angeschirrtes Vieh‘ läßt sich leicht führen.“ 

Die Leutstettener Wehr hat in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg nur drei Übungen im Jahr abzuhalten. Dabei ist die Feuerwehr fast militärisch aufgezogen und die Kommandos haben sicher bestens geklappt, da die Feuerwehrmänner alle gediente Soldaten waren.

Wie so eine Übung noch um 1930 von statten geht, mag Ihnen eine kleine Kostprobe aus dem Handbuch der Feuerwehren aus dem Jahr 1928, Seite 136 zeigen. „Zur Abfahrt fertig – Marsch! – Das erste Glied der Reservegruppe macht auf, fertig‘ ‚linksum‘. Der Führer der Reserve tritt wieder rechts neben den rechten Flügelmann. Es marschiert die Mannschaft auf ‚Marsch‘ in die frühere Stellung zurück, hält und macht die Wendung auf das halblaute Kommando: Abteilung – Halt! Rechts – um! Ihres Führers, welche wieder am rechten Flügel der Reservegruppe eintritt. – Von den Geräten – kehrt! Abteilung Marsch! Die Reservegruppe macht auf ‚kehrt‘ die Wendung ‚rechtsum‘. Sie tritt auf ‚Marsch‘ ebenfalls an und schließt in gleichem Schritt auf die Gerätegruppe auf….“

Um 1912 bekommt die Feuerwehr Uniformen, die sie bis 1938 beibehält: Eine schwarze, rotgepaspelte Lodenjoppe mit   Messingknöpfen, doppelt geknöpft, der alte Messinghelm in der französischen Form wird beibehalten, der Kommandant trägt ihn mit rotem Busch, der Fähnrich mit einem weißen. 

Am 12.12.12 stirbt 91jährig Prinzregent Luitpold von Bayern. Für seinen Neffen König Ludwig II. hat er schweren Herzens die Regentschaft auf sich genommen und für seinen zweiten Neffen, den König Otto, einem Bruder König Ludwig II., der sein Leben krank und abgeschlossen in Schloß Fürstenried verdämmern muss, hat er sie weitergeführt. Als er 1886 die Regentschaft antritt, ist er einer der bestgehaßtesten Männer Bayerns, in kürzester Zeit aber ist er der allseits beliebte und verehrte Prinzregent. Geleitet vom düsteren Glanz, den die Monarchie zur großen Trauerparade entfaltet, begleitet von den berühmten 12 Gugelmännern, in schwarzen Kapuzen, das Wittelsbacher Wappen mit brennenden Kerzen in den Händen, gefolgt vom Kaiser und von Königen, wird er in der Gruft der Sankt-Cajetan-Hofkirche von den Theatinern zu Grabe getragen. Ein Volk weint ehrlich um seinen Prinzregenten. Vielleicht ist es die dunkle Ahnung, dass mit ihm eine gute, möglicherweise die gute alte Zeit versinkt.

Aus dem Prinzen Ludwig, dem Schlossherrn von Leutstetten, wird zunächst der Prinzregent Ludwig und ein gut Jahr später der König, Ludwig III. Das Schloss wird Sommerresidenz Seiner Majestät des Königs. Aus dem Privatgut des Prinzen wird das königliche Mustergut. 1913 ziehen Gewitterwolken auf über Europa. Kaiser Wilhelm I. war 1888 gestorben, 99 Tage später ist ihm sein Sohn Kaiser Friedrich III. in den Tod gefolgt und hat Kaiser Wilhelm II. 29jährig den Thron bestiegen. 1890 hat der Kaiser Bismarck entlassen. Es kommt zum Herero-Aufstand in Deutsch-Südwest-Afrika, und deutsche, darunter bayerische Soldaten, schlagen an der Seite englischer Truppen 1905 in China den Boxeraufstand nieder. Die deutsche politische Führung schlittert unsicher von einer Misere in die andere und als der österreichische Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand, mit seiner Gemahlin am 28. Juni 1914 in Sarajewo ermordet wird, steht Europa vor einem Abgrund. 35 Tage später, am 2. August 1914, gehen in Europa die Lichter aus. Auch die meisten Leutstettener Feuerwehrmänner, die einmal den bunten Rock der königlich-bayerischen Armee getragen haben, den hellblauen der Infanterie und Schweren Reiter, den grünen der Ulanen und Chevaulegers, den dunkelblauen der Artillerie, sie ziehen nun in die Kasernen, um zum ersten Mal den grauen Rock eines aufziehenden grauen und dunklen Zeitalters anzuziehen. Mit heller Begeisterung rücken sie ins Feld, um siegreich Frankreich zu schlagen. Aber bald  kommen die ersten bitteren Wermutstropfen. In immer mehr Häuser zieht Trauer ein. Hat man im ersten Kriegsjahr im Osten und Westen gekämpft, so kommt 1915 eine dritte Front, die in den Alpen gegen Italien dazu. Langemarck, Vimy-Höhe, Loretto-Höhe, Marne, Verdun, Somme, Dolomiten-Front, für wen verbindet sich mit diesen Namen nicht Schrecken. Dreizehn Leutstettener kommen nicht mehr heim. Mit den Lebensmittelkarten kommt der Hunger. Als dann 1918 der Krieg ein bitteres Ende nimmt, als man die Monarchie verspielt und den König verjagt, da ist der Schrecken kein Ende mehr. Bayern wird für kurze Zeit, außer Ungarn, die einzige Sowjetrepublik in Europa. Es kommt die Inflation, auf eine kurze Wirtschaftsblüte folgt der Börsenkrach in New York, der schwarze Freitag, die Not des Jahres 1928. Ein Heer von Arbeitslosen, viele Parteien und eine Partei, die sich durch hemmungslose Demagogie an die Spitze bringt und mit ihrer Diktatur einen neuen Reigen des Schreckens einleitet bis hin zum vollständigen Zusammenbruch.

1919 -1945

Während des Krieges gibt es kein Vereinsleben mehr. Nach dem Ersten Weltkrieg blüht es wieder auf. Meistens beschließt man einen allgemeinen und einen Kehrausball in der 

Faschingszeit abzuhalten, und kaum ein Jahr vergeht ohne die übliche Weihnachtsfeier. Sonst gibt es Übungen, aber auch ernsthafte Einsätze. Auch davon ein paar Beispiele: 1920 brennt beim Seirer in Wangen der Stadel. Im gleichen Jahr wird von der Wehr ein Moorbrand gelöscht. 1922 kann durch den schnellen Einsatz des Feuerwehrmannes Franz Friesenegger ein Großbrand im Schloss Leutstetten verhindert werden.

1923 wird ein Silobrand im Gut Schwaige von der Leutstettener Wehr gehalten. 1923, 1928 und 1930 sind Einsätze in Hausen, und 1929 kann ein Brand im Arbeiterhaus des Gutes Rieden gelöscht werden. 1938 kann die Wehr bei einem    Stadelbrand verhindern, dass der Bergschneiderhof mit abbrennt. Im gleichen Jahr löscht sie einen Moorbrand und ist im Einsatz, um den Stadel des Kunstmalers Walch zu retten. Hier gibt es etwas nachzutragen:

Im Protokollbuch der Starnberger Feuerwehr des Jahres 1925 ist unter dem 8. August ein Eintrag zu finden, der doch etwas irritiert, denn da steht doch kurz und bündig: „… Ebenso wird beschlossen, sich beim 50jährigen Jubileum der freiw. Feuerwehr Leutstetten zu beteiligen.“  

Weitere Auskünfte gibt das Protokollbuch nicht. Dafür finden wir im Land- und Seeboten einen Hinweis, denn er lädt am 2. Und 3. September unter „Vereinskalender“ zu diesem Fest ein:

„Freiw. Feuerwehr Starnberg. Am kommenden Sonntag, den 6. September feiert die freiw. Feuerwehr Leutstetten ihr 50jähriges Stiftungsfest. Vormittags 9 ½ Uhr Festgottesdienst. Die Herren Kameraden werden zur zahlreichen Beteiligung hiermit freundlichst eingeladen. Bei genügender Beteiligung Fahrt mit Mannschaftswagen.  Meldung bis Samstag abends. Abfahrt Sonntag früh 8 Uhr …“.

Was es mit diesem „50jährigen Stiftungsfest“ auf sich hat, läßt sich nicht mehr klären. Dagegen steht jedenfalls, wie eingangs erwähnt, der Eintrag im Starnberger „Feuerwehr Journal“ von 1865, mit dem die Leutstettener Wehr verpflichtet wird, einen eigenen Zweigverein zu gründen.

Eine Stelle aus dem Kurzbericht über den IX. Feuerwehrtag am 6. Mai 1875 in Feldafing macht die Sache nicht verständlicher. Anwesend sind damals der Landesvorsitzende Jung und 21 Feuerwehr-Vertretungen. „Herr Oberinspektor Jung führte den Vorsitz. – Der Verband zählt 41 Feuerwehren mit 2100 Mann, darunter 8 neue Feuerwehren: Forstenried, Traubing, Aschering, Schlagenhofen, Geratshausen, Unterschleißheim, Meising und Leutstetten.“

Es gibt also nur die Möglichkeit, dass die Leutstettener Feuerwehr, seit 1865 ein „Zweigverein“, sozusagen ein nicht eingetragener Verein mit seinem eigenen Kommandanten war, dass sie sich aber erst nach deutlichem, längerem Zögern 1875 dem Bezirks-Feuerwehr-Verband angeschlossen hat.

Die beiden Bezirks-Feuerwehr-Verbände rechts und links der Isar, gegründet 1868, zählen am Ende des Jahres 1870 zusammen ganze 17 Feuerwehren. 1875 sind es beim Verband links der Isar bereits 42 und rechts der Isar gar 53 Wehren. In diesen Jahren sind in den Gemeinden Feuerwehren zwar zur Pflicht gemacht worden, aber der Aufbau scheint, wie alten Schriften zu entnehmen ist, doch recht mißtrauisch zögernd von statten gegangen zu sein.

Von diesem Fest berichtet wieder einmal der Land- und Seebote, und zwar schon einen Tag später: „… Der 6. September war der Tag der Leutstettener Freiw. Feuerwehr, deren 50jähriges Stiftungsfest in festlichem Gepräge Ausdruck fand. Nach dem Festgottesdienst erfolgte ein Umzug durch die Straßen des Dorfes, der sich vor dem Gasthaus Weber auflöste. Herr Brennmeister Sommer hielt die Begrüßungsansprache, worauf Herr Fischhaber, Starnberg, zu einer eindrucksvollen Rede das Wort ergriff und zugleich die Ehrenzeichen für 50jährige Mitgliedschaft den ergrauten Gründungsmitgliedern Anton Wimmer, Andreas Schüttl, Anton Schuster und Georg Huber überreichte. Frl. Marie Wutz sprach einen Prolog. 
Unter den erschienenen Gästen war auch S. Kgl. Hoheit Prinz Franz. Nach der offiziellen Feier vergingen die Stunden des Nachmittags in gemütlichem Beisammensein, begleitet von den Klängen einer Musikkapelle und zeitweise dröhnte Böllersalut durch das stille Tal.“

In den Jahren nach dem 1. Weltkrieg steht das Schloß leer. Um 1935 wird es von dem Kronprinzen Rupprecht bezogen, aber das Sagen hat in Leutstetten ein ehemaliger Hausl vom Blauen Bock in München mit Namen Christian Weber. Und weil dieser Mann, ein Günstling seiner Zeit, am besonderen Schutz seines „privaten Eigentums“ interessiert ist, bekommt 1938 die Feuerwehr Leutstetten eine moderne TS 8 Magirus, eine Tragkraftspritze mit Anhänger und Ausrüstung, auf dem Dienstweg zugewiesen. Zugmaschinenersatz ist ein alter Opel Zweisitzer, den Feuerwehrmänner „Elias“ getauft haben und der zum Teil seinen Dienst mühsam und keuchend bis zum Krieg tut.

Die jüngere Geschichte braucht man kaum zu erzählen. Viele von Ihnen haben sie sicher selbst in unseliger Erinnerung. Große Aufmärsche, lautstarke Reden, hemmungslose, gewissenlose und selbstmörderische politische Aktionen, Millionen von Toten und Sterbenden draußen an den Fronten, daheim in den Städten und hinter dem Stacheldraht der Konzentrationslager. Die Leutstettener Feuerwehr fährt nun ihre Einsätze nicht mehr in Leutstetten und Umgebung, sondern in München, das nicht mehr Landeshauptstadt ist, sich dafür aber Hauptstadt der Bewegung heißen darf.

Alarmiert wird meist durch Telefon von einer Befehlsstelle in München aus beim Weberwirt, der als einziger in Leutstetten damals ein Telefon besitzt, denn das Schloß ist unterdessen leer, Kronprinz Rupprecht hat das Land verlassen müssen. Der Alarm wird durch den alten Schmied Andrä weitergegeben. Zu diesem Zweck hat er sich vor dem Haus eine Eisenschiene aufgehängt, auf die er mit einem Hammer schlägt, um die Feuerwehrmänner aus dem Schlaf zu schrecken. Seit 1943 werden die ersten Einsätze gefahren, einer der größten bei einem Sägewerk in Forstenried. Es kommen im Sommer 1944 die schweren Angriffe auf München, einer auf den anderen. Ich darf dabei ein paar Haupteinsätze nennen: Am Harras, an der Großmarkthalle, im Schlacht- und Viehhof, beim Bahnhof Milbertshofen und vor allem beim Brand der Johann-Nepomuk-Kirche, der berühmten Asam-Kirche und beim Brand des Deutschen Museums. Zum Teil werden die Einsätze noch während der Angriffe gefahren und wenn die Häuser leergebrannt oder hin und wieder sogar gelöscht sind, ist die Arbeit der Feuerwehr noch lange nicht zu Ende. Die leergepumpten Löschweiher, die überall in der Stadt angelegt sind, müssen wieder gefüllt werden. 16mal wird mit einem alten Opel Kapitän des Kunstmalers Walch, manchmal auch mit einem Bulldog mit Glühkopfzünder nach München gefahren und es gibt kaum einen Einsatz, bei dem nicht die Reifen geflickt werden müssen, denn sie sind schlecht, von Glas-scherben im Straßenschutt zerschnitten, und neue gibt es nicht einmal für die Feuerwehr.

Diesmal kehren vierundzwanzig Leutstettener vom Krieg nicht heim, die meisten von ihnen Mitglieder der Feuerwehr. Dann kommt das Jahr 1945, die Feuerwehr bleibt zwar bestehen, aber die Feuerwehrmänner dürfen keine Uniform, sie dürfen keine Helme mehr tragen, denn sie könnten ja, auch nach der Kapitulation, in dieser Aufmachung den Besatzungstruppen noch gefährlich werden.

1945 – 1960

Von 1933 bis 1949 wird die Feuerwehr kommissarisch geführt, das heißt, es gibt keinen gewählten Vorstand. Der Kommandant wird von der Gemeinde ernannt. Der letzte gewählte Vorstand, der Gastwirt Otto Weber, war nach 26 Jahren 1933 abgetreten. Und nun wird 1949 ein neuer Verein gegründet. Den Anstoß dazu gibt ein Schreiben des Landrats-amtes Starnberg vom 3. März 1949 an alle Gemeinden.

„Betreff Freiwillige Feuerwehren – Nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 wurden die bayer. Feuerwehren als Organe der öffentl. Sicherheit neu aufgebaut und ihres polizei-lichen Charakters, den sie während des nationalsozialistischen Regimes angenommen hatten, wieder entkleidet. Dabei ist es jedoch unterblieben, den örtlichen Feuerwehreinheiten eine einwandfreie Rechtsgrundlage zu geben.

Der Bayer. Staatsministerium des Innern hält es daher mit Entschließung vom 14.1.1949 Nr. 3744 c I für erforderlich, die Freiwilligen Feuerwehren nunmehr in eine dem Gesetz über das Feuerlöschwesen entsprechende Rechtsform zu bringen. 

Da auch allen bestehenden Freiwilligen Feuerwehren des Landkreises Starnberg diese Rechtsform auf einer einwandfreien demokratischen Rechtsgrundlage fehlt, muß sie unter Mitwirkung der Gemeinden umgehend geschaffen werden. Es ergeht hierzu folgende Weisung:

I. Alle Freiwilligen Feuerwehren des Landkreises Starnberg sind als bürgerlich-rechtliche Vereine zu organisieren. Es genügt die Rechtsform des nicht rechtsfähigen Vereins

II: In der Gründungsversammlung hat sich der Verein eine Satzung zu geben und den Vorstand, der zugleich Kommandant ist, sowie Vorstandstellvertreter, Schriftführer Kassenwart zu wählen.

III. Über die Gründung des Vereins und die Durchführung der Wahl ist ein Protokoll aufzunehmen.

Bis zum 1. April 1949 ist dem Landratsamt Vollzugsanzeige über die Gründung des Vereins zu erstatten…“ Da man von den Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr nicht annehmen kann, dass sie gelernte Juristen sind, wird erklärt, dass ein nicht rechtsfähiger bürgerlich-rechtlicher Verein ein Verein ist, der nicht in das Vereinsregister, das beim Amtsgericht auf liegt, eingetragen ist. Als Richtlinie für eine Satzung wird eine Mustersatzung empfohlen, die in der „Brandwacht“ veröffentlicht ist.

Und weil ja die Welle der Entnazifizierung und der Spruchkammerverfahren noch nicht abgeklungen ist, werden die Gemeinden darauf hingewiesen, dass „Hauptschuldigen und Belasteten im Sinn des Gesetzes zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus“ die Mitgliedschaft bei den Feuerwehren verwehrt bleibt. „Wählbar ist jede Person, die der Freiwilligen Feuerwehr angehören darf mit Ausnahme der von der Spruchkammer als, Minderbelastete‘ eingestuften Personen.“ können.  – Auch das ist ein Stück Zeitgeschichte.

Bis zum 1. April 1949 ist dem Landratsamt zwar eine Vollzugsanzeige über die Gründung des Vereins zu erstatten, aber das beunruhigt die Leutstettener Wehr nicht sonderlich.

Zwar kommt es am 18. März anlässlich einer Bürgerversammlung in Leutstetten zu einer lebhaften, aber wohl doch etwas realitätsfernen Debatte, ob eine Freiwillige-  oder eine Pflichtfeuerwehr eingeführt werden soll – so berichtet jedenfalls der Seebote-, aber zur Gründungsversammlung kommt es erst am 23. April im Gasthof Weber, der heutigen Schloßgaststätte.

Sie findet im Protokoll ihren Niederschlag.

„… Die Freiwillige Feuerwehr Leutstetten hielt am 23. April 1949 ihre Gründungsversammlung im Gasthof Weber, Leutstetten ab.

Tagesordnung:

Bildung einer Freiwilligen Feuerwehr als bürgerlich-rechtlicher Verein

Aufstellung einer aktiven Mannschaft

Festsetzung der Satzung

Ehrung des Altkommandanten Ludwig Andrä Ehrung des Altkommandanten Ludwig Andrä und des Zeugwarts Franz Friesenegger für 40jährige Dienstzeit

Sonstiges

Herr Peter Gugetzer eröffnete die Versammlung. Anschließend sprach Herr Bürgermeister Hirschbold über die Bedeutung eines geordneten Feuerlöschwesens und wies auf die bisherige Tätigkeit der Leutstettener Feuerwehr hin, die von jeher auch ein geselliges Vereinsleben pflegte.

Besonders würdigte Herr Bürgermeister Hirschbold die Verdienste, die sich Herr Ludwig Andrä und Herr Franz Friesenegger um das Feuerlöschwesen in Leutstetten erwarben. Er forderte zu tätiger Mitarbeit in dem neu gegründeten Verein auf. Her Ludwig Andrä berichtete kurz über den Einsatz der Leutstettener Feuerwehr in den Kriegsjahren bei zahlreichen Luftangriffen auf München.

Herr Gugetzer forderte zum Beitritt in den neuen Verein auf. Durch Unterschrift erklärten 20 Bürger ihren Beitritt zum Verein. Weitere Mitglieder sollen geworben werden. 

Einstimmig wurden gewählt zum

Vorstand und zugl. Kommandant      Gugetzer Peter

Vorstandstellvertreter                          Friesenegger Josef jun.

Schriftführer                                          Höß Rudolf

Kassenwart                                            Höß Alto

Zeugwart                                               Huber Walter

Die anliegende Satzung wurde einstimmig angenommen. Der Beitrag für die ordentlichen Mitglieder wurde auf -,20 DM pro Monat festgesetzt. Die erste Übung des neugegründeten Vereins wurde für Sonntag, den 8. Mai 1949 festgesetzt. 

                                                                       Der Vorstand

                                                                       Peter Gugetzer“

Mit Peter Gugetzer, einem exzellenten Schreiner, hat die Leutstettener Feuerwehr einen Kommandanten, dessen ganzer Lebensinhalt die Feuerwehr ist, der eine ausgesprochene Begabung im Organisieren und Planen hat, der bei der Vorbe-reitung von größeren Festen nicht leicht eine Möglichkeit übersieht, die zur Panne werden könnte, die es schon Voraus auszuschalten gilt. So wird Gugetzer 1949 und 1954 dem Bürgermeister Hirschbold zum Helfer bei den Vorbereitungen für die großen Feste anlässlich des 80. und des 85.  Geburtstages des Kronprinzen Rupprecht.

Bereits zwei Jahre vor der Vereinsgründung – 1947 – dürfen die Feuerwehrmänner den schwarzen Stahlhelm, der ihnen 1938 verpasst worden war, wieder tragen, zuerst muss er    allerdings auf Rot umgestrichen werden. Der Kommandant trägt ihn weiß. Und die Feuerwehrfahrzeuge, die im „Tausendjährigen Reich“ haben grün lackiert werden müssen, werden nun auch wieder rot.

Die nächsten 16 Jahre sind schnell, erzählt. 1953 bekommt Leutstetten eine Alarmsirene. 1965 wird die TS 8, die seit 1938 ihren Dienst getan hat, verkauft und eine neue TS 8 Magirus mit VW-Motor gekauft. 1962 wird von der Gemeinde ein gebrauchter VW-Kombiwagen erworben und von Männern der Feuerwehr in freiwilligem Einsatz unentgeltlich zu einem modernen Löschfahrzeug ausgebaut, und seit dem Jahr 1962 beginnt die damals noch selbständige Gemeinde Leutstetten auch das Schlauchmaterial, das durch Alter und Verbrauch unbrauchbar geworden war, zu erneuern.

Einsätze gibt es vom Traktorunfall über Waldbrände, Moosbrände, größere Brände, wie zum Beispiel auf dem Schornhof, im Gut Schwaige, in Hanfeld, Buchhof und Gut Schluifeld bis zu Einsätzen bei der Beseitigung von Windbrüchen. Auch im öffentlichen Leben der Gemeinde leistet die Leutstettener Wehr einem guten Teil freiwilligen Dienst. Hierzu gehören die Trockenlegung des Feuerhauses und die Errichtung des Kriegerdenkmals, bei dessen Planung auch Kronprinz Rupprecht seinen Teil beiträgt und das Professor Georgi gestaltet. Der Hohe Herr war zurückgekehrt und kann nun als freier Mann im Schloß leben, und so entsteht in diesen Tagen auch der Begriff des Königlichen Dorfes. Außerdem erstellt die Feuerwehr die Leichenhalle, bei einer Erdbewegung von etwa 150 Kubikmetern und einem unentgeltlichen Einsatz von 940 Stunden. 1954 ist endlich die Einweihung des Kriegerdenk-males, und als einen Monat später die Menschenmassen nach Leutstetten strömen, um mit dem Kronprinzen dessen 85. Geburtstag zu feiern, ist die Leutstettener Wehr der gute Helfer der Polizei.

Beim Heimgang S. Kgl. Hoheit, des Kronprinzen Rupprecht von Bayern, 1955, stellt die Feuerwehr eine Ehrenwache, ebenso 1957 beim Heimgang S. Kgl. Hoheit, des Prinzen Franz. Die Wehr von Leutstetten ist auch nicht wegzudenken von der Fronleichnamsprozession oder von einem Heldengedenktag. Bis 1960 veranstaltet sie Bälle, und kein Advent vergeht ohne eine Weihnachtsfeier. 1961 erwirbt der Verein einen Teil des damaligen Gemeindehauses als Vereins- und Unterrichtslokal. Es ist das kleine Haus am Orteingang rechts von Oberdill her gesehen. Nicht vergessen sollen auch die Jahresausflüge der Feuerwehrmänner, die bis weit hinaus über die Donau, hinein in den Bayerischen Wald, hinunter nach Südtirol, vom Bodensee bis zur Salzach führen und die ausnahmslos von schönem Wetter begleitet sind. Gott sei Dank hat es während diesen Ausflügen in Leutstetten nie gebrannt. Aber auch dafür wäre gesorgt gewesen, denn die Kameraden in Starnberg waren von diesen Fahrten in Kenntnis gesetzt.

1960 – 1990

Und dann kommt das große Fest am 17. und 18. Juli 1965. Hundert Jahre Feuerwehr Leutstetten. Es war ein rauschendes Fest, das sogar einen einstündigen Niederschlag im Bayerischen Rundfunk gefunden hat, an einem Sonntagmittag in der Sendereihe „Zwischen Arber und Wetterstein“. Es war eine Sendung, die in der zuständigen Redaktion eine Fülle von Anrufen, vor allem von Feuerwehren aus Ober- und Niederbayern, ausgelöst hat. Somit ist das Leutstettener Fest auf diesem Weg für manch andere Jahrhundertfeier der kommenden Jahre zum Vorbild geworden. Selbstverständlich hat die Jahrhundertfeier der Leutstettener Wehr  auch einen entsprechenden Niederschlag in der Presse gefunden, im Land- und Seeboten, der ja auch schon vom Fest der Fahnenweihe 1901 ausführlich berichtet hat, aber auch im Münchner Merkur, nicht nur in der Starnberger Lokalausgabe, sondern auch in der allgemeinen Ausgabe. Diese Berichte sind unterdessen längst selbst ein Stück Geschichte.

So sei dem Land- und Seeboten, dem Senior der Starnberger Zeitungen der erste Platz eingeräumt.

Land- und Seebote vom 30. Juli 1965:

„Dieser Angriff der Freiwilligen Feuerwehr Leutstetten ging daneben. Beim 100jährigen Jubiläum wurden nicht nur Brandobjekte, sondern auch Zuschauer, gelöscht‘ Festrede P.E. Rattelmüllers, Leutstetten. Zwar war die Leutstettener ,FF‘, die Freiwllige Feuerwehr an dem Tag, an dem ihr 100jährige Jubiläum gefeiert wurde, erst 99 Jahre, sieben Monate und neun Tage alt, doch war die Begründung dafür, dass man die Feierlichkeit etwas vorzog, vom Leutstettener Heimatforscher – und           –dichter, Paul Ernst Rattelmüller so treffend, dass alle eventuell auftauchenden kritischen Stimmen alsbald verstummten. Auf dem Festabend am vergangenen Samstag im schön her-gerichteten Festsaal sagte Rattelmüller nämlich: ,Ich glaube, wenn Ihre Majestät, die Königin von England, ihren Geburtstag, der voraussichtlich wärmeren Witterung wegen, später feiert als er tatsächlich ist, so darf die Feuerwehr von Leutstetten bestimmt ihren Geburtstag aus eben dem gleichen Grund vorverlegen!‘

Diese für das, königliche Dorf‘ wahrhaft würdige Auslegung der Vorverlegung umwand der Mentor dieses Jubiläumsfestes am Festabend in einer wohl gearbeiteten Ansprache, in der er die Geschichte der Freiw. Feuerwehr Leutstetten aufleben ließ – nicht zuletzt mit Hilfe alter Bände des Land- und Seeboten, in denen zwar nicht die Gründungsgeschichte niedergeschrieben ist, aber doch immerhin ausführlich über die Fahnenweihe berichtet wurde. Nette Episoden (, Ein gewichtiger Teil des Vereinslebens spielte sich – damals – aber sicher im Wirtshaus ab‘) und ernste Zeitläufe rief Rattelmüller in seinem Vortrag in die Erinnerung der rund 250 Festgäste, unter ihnen Prinz Ludwig von Bayern, der Protektor des Festes.

Kommandant Gugetzer, Bürgermeister Wimmer, Kreisbrand-inspektor Kinzinger und der Vorstand der Patenfeuerwehr Starnberg, Jägerhuber, hielten kurze Ansprachen, wobei Wimmer den Vogel abschoß, indem er nach einem kurzen Anlauf mürrisch bemerkte, daß er seine Brille nicht dabei habe… – Rattelmüller gab dem Abend noch eine weitere Note durch seinen Vortrag alter Volksweisen und –legenden um den heiligen Florian.

Der Sonntag war der Belustigung der Bevölkerung zugedacht. Böllerschüsse knallten nicht nur am frühen Morgen zum Wecken über das Würmtal, sondern auch während des Festzugs. Die Feldmesse und Ansprache hielt der Gautinger Kaplan Georg Blabsreiter, der meinte, es sei selbstverständlich – und nicht nur ein Gebot christlicher Nächstenliebe – zuzugreifen, wenn Haus und Hof in einer Dorfgemeinschaft brennen. Die Fahnenweihe erhielt ihren besonderen Akzent durch das wirklich gelungene Band, das die Frauen der rund 35 Mitglieder der FF Leutstetten geschaffen hatten.

Mehr als tausend Leute – also viel mehr als doppelt so viel wie die Einwohnerschaft – waren auf den Beinen, um die 30     Abordnungen der Feuerwehrvereine bei ihrem Festzug durch die Hauptstraße des Dorfes zu beobachten. Die Blaskapelle Unterbrunn-Bachhausen gab schmissig den Ton an, während der Spielmannszug ,Bavaria‘ (München) durch sein exaktes Spiel bestach. Anschließend führte Kreisbrandinspektor Kinzinger durch die Schauübungen der Starnberger und Leutstettener Wehren. Viel Spaß bereitete den zahlreichen Zuschauern der Angriff mit der alten handbetriebenen Spritze, die die Leutstettener ihren historischen Uniformen und blank geputzten goldenen Helmen höchstpersönlich schoben. Das Objekt war ein stark rauchentwickelnder Brand, der mit gewissen Pülverchen immer wieder ,aufgemöbelt‘ werden musste; 

Das Spritzen auf das Ziel machte dem Mann am Schlauch aber offensichtlich nur wenig Spaß. Seine Zielkunst bewies er dann vielmehr gegenüber einigen Zuschauergruppen… Zur Freude derer, die abseits standen und nicht nass wurden.

Mit Blaulicht und Sirene folgte ein Schnellangriff auf die große Scheune hinter der Kirche, bei der mit drei Rohren, zwei Fahrzeugen und einem Dutzend Feuerwehrleuten vor-gegangen wurde. Prunkstück war die 22 Meter hoch ausfahrbare Feuerwehrleiter. Der Hochdruckschlauch musste von vier Männern gebändigt werden. Die Männer am Schlauch sorgten an diesem schönen Nachmittag für den einzigen Regen, der die Festfreude in Leutstetten hätte trüben können. Das war aber nicht der Fall: Beim beschwingten Tanz in den Abend trockneten Kehlen und Kleider bald, so dass der Bierumsatz bald die übliche Höhe erreichte.“

Auch andere Zeitungen wie der Münchner Merkur berichteten von dem gelungenen Fest.

Nach dem Fest ist bei der Leutstettener Wehr wieder der Alltag eingekehrt. So beginnt das Jahr 1966 mit einem Großbrand. Am Neujahrstag haben zündelnde Buben in der Lager- und Gerätehalle von Gut Schwaige ein Großfeuer ausgelöst. Bis die Feuerwehr alarmiert wird und ausrückt, steht das Gebäude in hellen Flammen. Die Feuerwehr kann wenigstens ein Übergreifen des Brandes auf das Wohn- und Wirtschaftsgebäude verhindern. Vier Tage dauert der Einsatz, schwelt die Glut, weil wegen Wassermangels nur stundenweise gelöscht werden kann. Immer wieder gibt es Einsätze bei Bränden, zum Beispiel am 17. März 1968 der Waldbrand am Gautinger Weg; im September des gleichen Jahres berichtet das Protokollbuch von einem brennenden Pkw vor dem Kriegerdenkmal. Einen kürzeren Anmarschweg hat die Leutstettener Feuerwehr weder vorher noch nachher gehabt.

Im April 1968 aber war die Wehr bei dem Starfighterabsturz nahe Königswiesen eingesetzt. Nebenbei sei erwähnt, dass auch die kleine Feuerwehr von Leutstetten in den Katastrophenplan für die Olympischen Spiele 1972 in München aufgenommen worden ist; dass aber Gottlob ein Einsatz nicht nötig war.

Ab 1971 hat die Leutstettener Wehr viel Freizeit in den Umbau ihres Feuerhauses eingebracht. Die Einsatzfahrzeuge waren größer geworden, höher und breiter. So war es notwendig, statt der beiden kleinen Tore ein höheres und breiteres einzubauen. 1972 erhält das Feuerhaus eine Elektroheizung, damit im Winter nicht alles einfriert. 1975 wird der Dachausbau von der Gemeinde genehmigt, 1976 wird er in Eigenleistung fertiggestellt. Diesen Raum kennen wohl alle Leutstettener, weil sie dort bei Wahlen ihre Stimmen abgeben. Auch die Anschaffung von weiterem Gerät in diesen Jahren sei angesprochen. 1972 werden eine Kettensäge mit Trennschleifer angeschafft und Gummistiefel. 1973 sind es ein Greifzug 1,6 t, zwei Kanal-Wathosen, eine Asbest-Löschdecke, eine Tauchpumpe, 1974 werden 20 Nässeschutz-Manteljacken angeschafft und Jugendfeuerwehrhelme. 1976 gibt es neue Feuerwehrhelme mit Sicherheitslackierung. Am aufwendigsten sind die Anschaffungen des Jahres 1977.

Der Stichtag der Gemeindegebietsreform wirft seine Schatten voraus und macht den Bürgermeister und den Gemeinderat für die Wünsche der Feuerwehr noch geneigter als es eh schon immer der Fall war. Die Gemeinderäte sind nämlich von dem Wunsch beseelt, von ihren Finanzen möglichst wenig in die Zwangsehe mit der Stadt Starnberg einzubringen. So erhält die Leutstettener Wehr eine 5-t-Stahlwinde, ein Öl-Einsatzgerät, drei Handscheinwerfer und ein Ladegerät, einen Asbest-Hitzeschutz-Anzug, drei Hand-Funksprechgeräte, eine Schlauchtrockenanlage und einen Gerätewagen. Noch Ende April 1978, wenige Tage ehe Leutstetten seine Selbständigkeit verliert, wird der neue Gerätewagen eingeweiht

Mit dem 1.Mai 1978 ist die Leutstettener Feuerwehr nicht mehr die Wehr der Gemeinde Leutstetten, sondern die Wehr des Starnberger Ortsteils Leutstetten.

1982 wird dann erneut ein Fest fällig. Nach 81 Jahren feiert die Feuerwehr wieder eine Fahnenweihe. Die alte Fahne war zwar von den Franziskanerinnen in Gars schon einmal sorgsam restauriert worden, aber im Lauf der Jahre hat ihre Stickerei doch sehr gelitten, und es wäre nicht zu verantworten gewesen, die Fahne weiter bei Festen mitzuführen. Man hätte sie ein zweites Mal restaurieren und sichern müssen. So hat man sich entschlossen, eine neue Fahne anzuschaffen. Beiträge, vorallem der Leutstettener Bürger, und eine spürbare Spende der alten Gemeinde, sozusagen auf Vorschuss, haben es möglich gemacht. Weil man nicht unter Zeitdruck gestanden ist, hat man sich in die Warteliste der Schwestern von Schlehdorf eintragen lassen. Die Geduld der Feuerwehr ist drei Jahre lang auf eine harte Probe gestellt worden. Dafür ist diese Fahne besonders schön gearbeitet, mit der Hand gestickt und nicht mit der Maschine. Das 10.000 Mark teure Stück wurde in Handarbeit bei den Dominikanerinnen in Schlehdorf hergestellt. Bestellt haben die Leutstettener die Fahne freilich schon vor zwei Jahren, aber im Kloster gibt es nur noch drei Ordensschwestern, die sich auf die Kunst des Fahnenstickens verstehen. 

Die Starnberger Neuesten Nachrichten machen am 3. Juni 1982 auf das Fest aufmerksam.

Die Presseberichte sind diesmal kürzer ausgefallen. Das mag zum einen daran liegen, daß Feuerwehrfeste und Jubiläen im Lauf der Jahre häufiger geworden sind, nicht mehr so selten sind wie noch 1965; zum anderen aber daran, daß es bei Zeitungen im Lauf der Jahre üblich geworden ist, dafür entsprechend Bilder zu bringen.

So bringt der Starnberger Merkur in seiner Ausgabe vom 7. Juni großformatige Fotos und nur einen ergänzenden Text.

Am meisten berichtet der Land- und Seebote, der die Geschichte der Leutstettener Feuerwehr am längsten begleitet.

Die nächsten acht Jahre sind schnell erzählt:

1984/85 Umbau des Feuerwehrhauses, bei dem die Stadt mit 46.500 DM tief in die Taschen greift. Dazu kommt Material der Feuerwehr im Wert von 10.000 DM und vor allem rund tausend Arbeitsstunden. Es gilt, Fundamente zu unterfangen, Träger einzuziehen, eine Treppe einzubauen und in den Räumen darüber eine kleine Küche einzurichten und ein WC. Die Ausrüstung wird die kommenden Jahre durch eine Ölsperre ergänzt für den Fall, die Würm bringt Öl von Starnberg. Dazu kommen eine Insektenschutzkleidung, eine kleine Schaumausrüstung, ein Gasspürgerät, ein 1.000 W und 500 W Strahler, eine Faßpumpe, zehn Funkwecker, eine dritte Motorsäge, ein Notstromaggregat usw. usw.

Und wie sieht es mit Einsätzen aus? Man kann sie nicht alle zählen. Man kann nur die Möglichkeiten nennen, die es gibt. Und das sicher auch nur unvollständig. Da gibt es natürlich die Brände, die Wald-, Moos- und Rasenbrände, die Wohnungs- und Kabelbrände. Muß die Feuerwehr einmal einen Brand in der Petersbrunner Kapelle bekämpfen, oder ein brennendes Auto löschen, so muß sie morgen einen Baum, einen Automaten, ein Auto oder gar ein Ölfaß aus der Würm bergen. Nach Wolkenbrüchen darf sie stundenlang Keller auspumpen, nach Orkanen wie am 15. Februar und am 27. Februar 1990 ist sie pausenlos unterwegs, die Straßen von umgestürzten Bäumen zu räumen oder das Dach eines kleinen Hauses von einem draufgestürzten Baum fürsorglich zu befreien und das zerstörte Dach mit Segeltüchern abzudecken und zu sichern. Besondere Überwindung kostet es, bei Verkehrsunfällen zu helfen, und ein Eindruck fürs Leben bleibt, wenn es ein brennendes Auto zu löschen gilt, in dem einen Ermordeter verbrennt.  So hat sich die Feuerwehr auch einmal bei der Suche nach einer vermissten Person beteiligt.

Oder: Auf einem Baum im Schlosspark sitzt ein Papagei und der soll eingefangen werden. Das Unternehmen misslingt. – Eine Katze, der ein tierliebender Münchner Spaziergänger das Halsband abgenommen hat, damit das liebe Tierchen im Wald spazieren gehen kann, wird im nächtlichen Einsatz gerettet, weil die Katz zwar auf einen hohen Baum hinaufklettern kann, sich aber nicht mehr heruntertraut. –  Und wenn wir schon bei Tieren sind, sei auch das Einfangen eines Bienenschwarms genannt oder das Ausräuchern gefährlicher Wespennester.

Bleibt noch etwas Geschichtsträchtiges, fast Revolutionäres, nachzutragen, daß nämlich auch bei der Feuerwehr von Leutstetten die neue Zeit angebrochen ist und seit 1988/89 drei Mädchen ihren Mann stellen.

1990 feiert die Feuerwehr Leutstetten ihr 125jähriges Bestehen, auch dieses Mal mit Festzug, Festgottesdienst und Festzelt. In seiner launigen Festrede geht Paul Ernst Rattelmüller auch auf etwas Geschichtsträchtiges, fast Revolutionäres, ein, nämlich dass auch bei der Feuerwehr von Leutstetten die neue Zeit angebrochen ist und seit 1988/89 drei Mädchen ihren Mann stellen.

Das Geschichtsträchtige, dass seit 1988/1989 Frauen bei der Feuerwehr Leutstetten ihren „Mann“ stehen, ist inzwischen, mehr als 25 Jahre später, zur Normalität geworden. Es findet niemand mehr etwas dabei, eine Frau mit Löschschlauch, Kettensäge oder hydraulischem Rettungsgerät hantieren zu sehen.

 

Auch sonst hat sich einiges verändert, sowohl in der Feuer-wehr als auch in den Aufgabenstellungen. Da ist besonders zu erwähnen, dass im Jahr 1993 der langjährige Erste Kommandant Manfred Kramel, der Erfinder des „Quasi HLF 8-4“ (einem Opel Blitz mit Tank und Atemschutzgeräten) aus gesundheitlichen Gründen zurücktritt und das nach einer Amtszeit von über 24 Jahren. Die Feuerwehrler wählen nach kurzer Beratung den bisherigen Zweiten Kommandanten Karl  Rummel zu seinem Nachfolger und Michael Rattelmüller zum neuen zweiten Mann

Bereits 1996 kommt es nach dem Rücktritt von Karl Rummel als erstem Kommandanten zu vorzeitigen Neuwahlen der Kommandanten. Der bisherige Stellvertreter Michael Rattelmüller wird zum Ersten Kommandanten gewählt, als zweiten Mann küren die Feuerwehrler Karl Wastian. Mit diesen beiden tatkräftigen Männern an der Spitze und einer engagierten, gut aus-gebildeten Mannschaft steht die Feuerwehr Leutstetten im Bereich des Feuerwehrwesens der Stadt Starnberg gut da. 

Bereits im Folgejahr wird das in die Jahre gekommene „HLF 8-4“ durch ein modernes, auch hier wieder richtungsweisendes Fahrzeug ersetzt, ein Tragkraftspritzenfahrzeug (Wasser), kurz TSF-W genannt. Dieses Fahrzeug besitzt eine Dynawatt-Anlage (kurz eine zweite stromproduzierende Lichtmaschine für Betriebsstrom), einen pneumatischen Lichtmast, einen hydraulischen Kombispreizer, Atemschutzgeräte und vieles mehr, so dass die Feuerwehr nunmehr auch erhöhten Anforderungen gewachsen ist. Dies zeigt sich insbesondere bei den Einsätzen anlässlich des sogenannten Pfingsthochwassers 

 

1999, bei denen die Feuerwehr Leutstetten landkreisweit Unterstützung leistet. Auch bei sonstigen Hochwassereinsätzen, Sturmschadens-einsätzen, Verkehrsunfällen oder Brandeinsätzen kann die Feuerwehr Leutstetten ihren hohen Ausbildungsstand und ihre Einsatzbereitschaft dokumentieren. Im Jahr 2002 wird der 25 Jahre alte Gerätewagen durch einen Mercedes Benz Sprinter als neuem Gerätewagen ersetzt. Auch dieser führt eine umfangreiche Ausstattung zur Technischen Hilfeleistung mit, so dass nun genügend Transportraum für die benötigten Einsatzmittel zur Verfügung steht.

Neben den beiden Fahrzeugen besitzt die Feuerwehr auch einen Anhänger auf dem zunächst die kompletten Ölsperren verlastet sind. Nachdem im Laufe der Jahre der Feuerwehr Leutstetten, als einer von drei Wehren im Landkreis, die Aufgabe der Dekontaminierung von Einsatzkräften bei Gefahrguteinsätzen übertragen wird, werden Teile der Ölsperren ausgesondert und die Gerätschaften der Dekon-Einheit auf den Hänger verlastet. Im Gerätewagen finden sich die Gerätschaften für die Bahnerdung, einer originären Aufgabe der Bahn, die ebenfalls auf die Feuerwehren verlagert wurde. Man sieht also: das Einsatzspektrum der Feuerwehr wird immer mehr ausgeweitet. All das setzt ausgebildete Kräfte voraus. Aus diesem Grund wird in der Feuerwehr ein reger Ausbildungsbetrieb, sowohl am Standort als auch an überörtlichen Ausbildungseinrichtungen (z.B. bei der Feuerwehr München, an den Staatlichen Feuerwehrschulen in Geretsried und Regensburg) aufrechterhalten.  Dies beginnt schon mit einer von engagierten Jugendleitern konzipierten und konsequent durchgeführten Jugend-ausbildung. Hier sind die bisherigen Jugendwarte Karl Rummel, Norbert Wittmann, Klaus Pinegger, Stefan Rupprecht, Stefanie Pinegger, Michael Pinegger, Wolfgang Götzinger sowie die derzeit aktiven Jugendleiter Maximilian Diranko und Maximilian Kleile zu nennen, die alle zu ihrer Zeit mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln eine hervorragende Jugendarbeit geleistet haben und noch leisten. Auf dieser Jugendausbildung aufbauend, konnte dann die Grund- und Aufbauausbildung für die erwachsenen Feuerwehrleute zielführend fortgeführt werden.

Bahnerdung, Umgang mit Gefahrstoffen und mehr prägen die Übungsstunden. Daneben werden auch regelmäßig die Leistungsprüfungen in der Rubrik Löschaufbau nach Dienst-vorschrift 3 (Einheiten im Löscheinsatz) geübt und erfolgreich abgelegt. Einen ganz besonderen Anlass zum Feiern gab es im Jahr 2012. In diesem Jahr konnte nach über zwanzigjähriger Planungs- und Genehmigungsphase endlich das neue Feuerwehrhaus bezogen werden. Es bietet jetzt den Platz, den eine moderne Feuerwehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt. Neben Schulungsraum, Kommandantenbüro, Fahrzeughalle, Werkstatt und Nebenräumen fand sich noch Platz für einen Versammlungsraum und zwei Wohnungen für aktive Feuerwehrleute. Die Feuerwehr Leutstetten freut sich sehr über das neue Haus, das einen geordneten Übungs- und Ausbildungsbetrieb ermöglicht. Einzelne Feuerwehrangehörige werden ihren Neigungen entsprechend für besondere Zwecke wie z.B. Rettungshelfer, Atemschutzgeräteträger, Zug- oder Gruppenführer o.ä. ausgebildet. Sonderausbildungen wie Umgang mit der Dekon-Einheit, Umgang mit Rettungsschere und Spreizer, Bahnerden und ähnliches gehören zu ebenfalls Trainingsprogramm. Neben den Feuerwehraktivitäten kommen aber auch die Vereinsaktivitäten nicht zu kurz. Die Vereinsarbeit wurde in den letzten Jahren maßgeblich von Franz Xaver Hirschbold geprägt, der im Jahr 2014 nach dreißigjähriger erfolgreicher Amtszeit das Zepter an seinen vormaligen Stellvertreter Wolfgang Götzinger weiterreichte. Dieser übernimmt einen funktionstüchtigen Verein und versucht das Bestehende zu bewahren und Neues hinzuzufügen. Unterstützt wird er hierbei durch den 1. Stellvertreter (1. Kommandant Michael Rattelmüller), die 2. Stellvertreterin (Doris Baur), den Kassier (Rudolf Fuchs) und den Schriftführer (Klaus Pinegger), der dieses Amt So werden die beliebten Dorffeste auch am neuen Standort mit großem Engagement weiter betrieben. 

Die schon als Dauerbrenner zu bezeichnenden Nikolausfeiern werden auch weiterhin im Programm des Feuerwehrvereins verankert sein. Ebenso wird in jedem Jahr wieder versucht interessante Ziele für unsere Ausflüge zu finden, damit sich auch jeder angesprochen fühlt, uns zu begleiten. Dieser  Mannschaft sowie allen aktiven, passiven und fördernden Mitgliedern ist es ein Anliegen, dass die Feuerwehr Leutstetten wie bisher ein Ankerpunkt für das gesellschaftliche Leben in Leutstetten bleibt und unser Dorf eine Gemeinschaft darstellt, somit ein Ort zum Leben ist und nicht nur eine Stätte zum Wohnen und Schlafen. 

Unserer Feuerwehr wünsche ich alles Gute für die nächsten Jahrzehnte und auch weiterhin ein glückliches Händchen bei der Wahl des Führungspersonals und der Mannschaft, damit 2040 auch die 175-Jahr-Feier gefeiert werden kann.

 

Vorstände

1865    – 1875              Floritz Johann

1875    – 1907              Polzmacher Georg

1907    – 1933              Weber Otto

1949    – 1969              Gugetzer Peter sen.

1969    – 1975              Friesenegger Josef

1975    – 1984              Andrä Walter

1984    – 2014              Hirschbold Franz Xaver

2014    –                      Götzinger Wolfgang

Stellvertretende Vorstände

1949    – 1956              Friesenegger Josef

1956 – 1958                Koller Ludwig

1958 – 1969                Friesenegger Josef

1969 – 1974                Rummel Karl

1974 – 1975                Andrä Walter

1975 – 1979                Holzberger Kurt

1979 – 1984                Hütt Matthäus

1984 – 1990                Rupprecht Uwe

1990 – 1996                Pausch Alfred

1996 – 2010                Altmann Michael

2010    – 2014             Götzinger Wolfgang

2014 –                         Baur Doris

Kommandanten

1865 – 1875                Floritz Johann

1875 – 1910                Winter Anton

1910 – 1914                Hasch Simon

1914 – 1918                Winter Anton

1918 – 1921                Sedlmeier Ulrich

1921 – 1925                Andrä Ludwig

1925 – 1929                Wutz Johann

1929 – 1931                Andrä Ludwig

1931 – 1933                Sedlmeier Ulrich

1933 – 1935                Schiltl Albert

1935 – 1937                Diernberger Otto

1937 – 1939                Feigl Jakob

1939 – 1941                Wimmer Ludwig

1941 – 1949                Andrä Ludwig

1949 – 1969                Gugetzer Peter sen.

1969 – 1993                Kramel Manfred

1993 – 1996                Rummel Karl

1996 –                         Rattelmüller Michael

Stellvertretende Kommandanten

1941 – 1949                Turneder Max

1949 – 1956                Friesenegger Josef

1956 – 1958                Koller Ludwig

1958 – 1969                Friesenegger Josef

1969 – 1974                Andrä Walter

1974 – 1993                Rummel Karl

1993 – 1996                Rattelmüller Michael

1996 – 2014                Wastian Karl jun.

2014 –                         Pinegger Michael

Kassier (soweit noch feststellbar)

1949 – 1951                Höß Alto

1951 – 1958                 Geitner Johann

1958 – 1969                 Keller Xaver

1969 – 1971                 Wastian Karl sen.

1971 – 1983                 Stricker Hans

1983 – 1996                 Ruthner Ernst

1996 – 2010                 Pausch Alfred

2010 –                          Fuchs Rudolf

Schriftführer (soweit noch feststellbar)

1897 – 1914                 Förstl Georg

1924 – 1928                 Ziegler Josef

1928 – 1933                 Rührnschopf Konrad

1933 – 1940                 Obst Otto

1949 – 1951                 Höß Rudolf

1951 – 1952                 Höß Erwin

1952 – 1953                 Widemann Albert

1953 – 1966                 Rückerl Helmut

1966 – 1969                 Hirschbold Franz Xaver

1969 – 1972                 Kienast Franz jun.

1972 – 1979                 Beck Konrad

1979 – 1984                 Rupprecht Uwe

1984 –                          Pinegger Klaus

Zeugwarte

1898 – 1908    März Stefan

1908 – 1949    Friesenegger Franz

1949 – 1952    Huber Walter

1952 – 1954    Wutz Josef

1954 – 1969    Gugetzer Peter sen.   Kdt.

1969 – 1974    Kramel Manfred   Kdt.

1974 – 1983    Altmann Walter

1983 – 1993    Rattelmüller Michael

1983 – 1996    Wastian Karl jun.

1990 – 1996    Altmann Michael       Atemschutzgerätewart

1990 – 1995    Altmann Rudolf                     Kfz-Gerätewart

1993 – 2014    Maluschka Markus

1996 – 2014    Pinegger Michael       Atemschutz-/Allg. Gerätewart

1993 –             Scheuffler Peter

2014 –             Diranko Maximilian

2014 –             Kleile Maximilian

Ehrenmitglieder (feststellbar ab 1949)

SKH    Prinz Ludwig von Bayern                  † 2010

HH Pfarrer Anton Ferstl                                † 1996

Franz Friesenegger                                        † 1968

Franz Xaver Hirschbold                                † 1969

Joseph Jäger                                                   † 1982

Rujo Oswald                                                  † 2012

Franz Pestenhofer                                          † 1978

Paul Ernst Rattelmüller                                 † 2004

Karl Gfüllner

Manfred Kramel                                            Ehrenkommandant

Franz Xaver Hirschbold                                Ehrenvorstand

Impressum:

Unterlagen für die Festschrift sind vor allem mündliche Überlieferungen, die 1965 anlässlich der Hundertjahrfeier erfragt wurden von: Frau Barbara Gugetzer,    Frau Maria Wutz und den Herren Walter Andrä, Franz Friesenegger,  Josef Friesenegger, Peter Gugetzer, Josef Hauer, Franz Xaver Hirschbold sen. und Lorenz Rummel.

Weitere Quellen: Protokollbücher der Freiwilligen Feuerwehr Leutstetten, Protokollbücher der Freiwilligen Feuerwehr Starnberg und das Archiv des Land- und Seeboten, Starnberg.

Literatur: „Chronik des Bezirks-Feuerwehr-Verbandes München-Land“, München 1925; „Districts-Feuerlösch-Ordnung für das kgl. Bezirksamt München Links-rechts der Isar“, München 1879; Fr. Jakob „Die Freiwllige Feuerwehr ein Ehrenstand. Einige Worte zur Aufmunterung insbesondere für Landfeuerwehren“, 9. Auflage München 1884; Fr. Jakob „ABC-Büchlein für Landfeuerwehren“ 9. Auf-lage München 1883; „Handbuch der Feuerwehren des Bayerischen Landes-Feuerwehr-Verbandes“, 2. Teil, München 1910; Archiv der FFW Wolfratshausen

Bildnachweis: FFW Leutstetten 36, 39 unten, 40, 49, 50, 54, 55 unten, Vorderseite unten, Rückseite. – F.X. Hirschbold 44. – M. Kramel 38, 39 oben, 41, Vorderseite oben. –  Chr. Pinegger 55 oben. –  M. Rattelmüller 11, 20, 21, 46, 47. –

J. Weber 25. – Die Zeichnungen auf Seite 1sind aus dem „Handbuch der Feuerwehren …“ s.o.

Ein besonderer Dank geht an Frau Christel Pinegger und Herrn Klaus Pinegger für das mehrfache Korrekturlesen und die Verbesserungsvorschläge.